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Innere Sicherheit: Altersgrenzen für Laienpolizisten

27.02.2009 - von Hanne Schweitzer

Für die Sicherheit der Bürger ist der Staat zuständig. Eigentlich. Aber schon seit vielen Jahren agieren Bürgerinnen und Bürger in vier Bundesländern als Laienpolizisten bzw. ehrenamtliche Helfer der Polizei.

Hessen
Im Januar 2009 führte der hessische Innenminister Volker Bouffier fünf neue Freiwillige Polizeihelferinnen und -helfer in ihre "Arbeit" ein mit den Worten: „Ich begrüße Sie in der großen Gemeinschaft der rund 730 Freiwilligen Polizeihelferinnen und Polizeihelfer in Hessen, die in über 100 Städten und Gemeinden als Nachbarn in Uniform unterwegs sind“.

Der Freiwillige Polizeidienst in Hessen soll die innere Sicherheit in Hessen stärken und die Profipolzei unterstützen

  • bei der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten
  • bei der Überwachung des Straßenverkehrs,
  • beim polizeilichen Streifendienst,

  • beim polizeilichen Ermittlungsdienst,
  • bei der Sicherung und dem Schutz von Gebäuden und öffentlichen Anlagen,
  • und bei der Erforschung von Ordnungswidrigkeiten.


  • Bereits seit Oktober 2000 werden in Hessen ehrenamtliche "Polizeihelferinnen und -helfer" auf der Basis des `Gesetzes für die aktive Bürgerbeteiligung zur Stärkung der Inneren Sicherheit´ ausgebildet und eingesetzt.

    "In den Freiwilligen Polizeidienst Hessens kann aufgenommen werden, wer das achtzehnte Lebensjahr, aber noch nicht das fünfundsechzigste
    Lebensjahr vollendet hat. Das Dienst(!)verhältnis eines Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes endet mit Vollendung des siebzigsten Lebensjahres."

    Während der Ausübung ihres Dienstes (!) verfügen die ehrenamtlichen PolizeihelferInnen über etliche Rechte.
    1. die allgemeine Befugnis nach § 11 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie die besonderen Befugnisse nach
  • § 12
    (Befragung und Auskunftspflicht),
  • § 13 (Erhebung personenbezogener Daten),
  • § 14 (Datenerhebung und sonstige Datenverarbeitung an öffentlichen Orten und besonders gefährdeten öffentlichen Einrichtungen),
  • § 18 (Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen)
    ,
  • § 20 (Datenspeicherung, -veränderung und sonstige Datenverwendung),
  • § 21 (Allgemeine Regeln der Datenübermittlung),
  • § 22 (Datenübermittlung innerhalb des öffentlichen Bereichs),
  • § 27 (Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten),
  • § 31 (Platzverweisung)
  • und § 40 (Sicherstellung)
  • des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der jeweils geltenden Fassung,
    2. die Befugnisse nach
  • § 35 (Sonderrechte)
  • sowie
  • § 36 (Zeichen und Weisungen)
  • der Straßenverkehrs-Ordnung und
    3. die Befugnisse nach § 46 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in Verbindung mit § 163b der Strafprozessordnung
  • (Feststellung der Identität zur Erforschung von Ordnungswidrigkeiten)
  • und
  • § 5 3 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (Erforschung von Ordnungswidrigkeiten).


  • Die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder durch Waffen (§ 55 Abs. 3, 4 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung) ist ihnen (noch) nicht gestattet.
    Für den FreiwilligenDIENST erhalten die LaienpolizistInnen eine steuerfreie Aufwandsentschädigung.

    Sachsen
    In Sachsen, wo unlängst tausende von Neonazis unbehelligt durch Dresden zogen, gibt es auch ehrenamtliche PolizeihelferInnen. Sie gehören zur
    Sächsischen Sicherheitswacht.

    Die Frauen und Männer müssen zuverlässig und verantwortungsbewusst sein, über eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung verfügen und den Anforderungen des Außendienstes gewachsen sein. Sie dürfen nicht älter als 65 Jahre sein. Die Ablehnung von Bewerbern bedarf keiner Begründung. Die Bestellung kann befristet werden und sie ist jederzeit widerruflich.

    Während ihrer Tätigkeit tragen die EhrenamtlerInnen in Sachsen eine Kennzeichnung, die ihre Eigenschaft als Angehörige der Sächsischen Sicherheitswacht deutlich macht. Sie dürfen keine politischen Abzeichen tragen und sie führen keine Schuß-, Hieb- und Stoßwaffen mit sich. Wie die KollegInnen in Hessen erhalten sie auch eine Aufwandsentschädigung. Bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sind sie unfallversichert.

    Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht haben sich auf Verlangen der von einer Maßnahme betroffenen Person auszuweisen, allerdings nur, soweit der Zweck der Maßnahme dadurch nicht beeinträchtigt wird. Sie haben über die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren, und dürfen ohne Genehmigung über Angelegenheiten, über die sie Verschwiegenheit zu bewahren haben, weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben.

    Die Sächsischen Sicherheitswachtler sind befugt, zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sowie zur Beseitigung einer Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung Personen anzuhalten, sie nach ihren Personalien zu befragen und zu verlangen, daß sie mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigen.

    Bayern
    Auch die MitarbeiterInnen der bayerischen Sicherheitswacht sind ehrenamtlich als Laienpolizisten tätig. Ziel ihrer Arbeit ist die Stärkung der kommunalen Kriminalprävention, Grundlage dafür ist das Sicherheitswachterprobungsgesetz aus dem Jahr 1994. Zwei Jahre später trat das "richtige" Sicherheitswachtgesetz in Kraft, und 1998 befürwortete die bayerische Landesregierung den flächendeckenden Ausbau der Sicherheitswacht. Seitdem haben auch Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern die Möglichkeit, kommunale Sicherheitswachten einzurichten. Sie müssen die Kosten für die Ausrüstung und die Aufwandsentschädigung tragen. Die Polizei übernimmt die Auswahl der MitarbeiterInnen und deren Ausbildung und koordiniert den Einsatz der Sicherheitswachen. Die Angehörigen der bayerischen Sicherheitswacht führen ein Reizstoffsprühgerät mit sich.

    Bewerben können sich in Bayern Frauen und Männer, die mindestens 18 und höchstens 60 Jahre alt sind
  • durch Zeugnis eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung nachweisen
  • Zuverlässigkeit und Verantwortungsbereitschaft bewiesen haben
  • einen guten Ruf besitzen
  • bereit sind, für diese Aufgabe im Durchschnitt 15 Stunden monatlich zur Verfügung zu stehen
  • am Einsatzort oder in der nächsten Umgebung wohnen.
  • Ihr Verwendungshöchstalter beträgt grundsätzlich 65 Jahre.
    Eine Pauschale von 7,16 Euro in der Stunde soll den persönlichen Aufwand ausgleichen.

    Den Angehörigen der bayerischen Sicherheitswacht stehen natürlich die gleichen Rechte zu wie jedem anderen Bürger: das Festhalten eines auf frischer Tat angetroffenen Straftäters bis zum Eintreffen der Polizei, sowie das Recht auf Notwehr und Nothilfe für andere Bürger. Darüber hinaus können Angehörige der Sicherheitswacht aber auch Personen anhalten, sie befragen und ihre Personalien feststellen, wenn dies zur Gefahrenabwehr oder zur Beweissicherung notwendig ist. Außerdem können sie bei Gefahr im Verzug einen Platzverweis erteilen, das heißt eine Person anweisen, sich zu entfernen.

    Die Angehörigen der bayerischen Sicherheitswacht tragen an der Brust ein Kennschild "Sicherheitswacht" und eine hellgrüne Ärmelschlaufe bzw. einen gelben Blouson, jeweils mit der Aufschrift "Sicherheitswacht". Auf Verlangen müssen sie sich namentlich ausweisen, aber auch nur dann, wenn der Zweck der Maßnahme dadurch nicht gefährdet wird.

    Baden-Württemberg
    Die größte Ähnlichkeit mit dem "richtigen" Polizeidienst hat die ehrenamtliche Laienpolizei in Baden-Württemberg. Im Ländle wurde der freiwillige Polizeidienst nicht erst nach der Wende, sondern bereits 1963 eingeführt.

    Die MitarbeiterInnen des freiwilligen Polizeidienstes in Baden-Württemberg tragen die gleichen Uniformen und sind mit einer Pistole bewaffnet. Sie haben die gleichen Befugnisse und Pflichten wie reguläre BeamtInnen. Sie dürfen von der Schusswaffe Gebrauch machen, und sind der Strafverfolgungspflicht unterworfen. SIe sind auch zur Ausübung des Polizeizwanges, einschließlich des unmittelbaren Zwanges berechtigt.

    Die Altersgrenze für freiwillige Polizisten ist in § 11 des Gesetzes über den Freiwilligen Polizeidienst in Baden-Württemberg vom April 1985 festgelegt. Dort heißt es unter (1): Die Zugehörigkeit zum Freiwilligen Polizeidienst endet mit Vollendung des 60. Lebensjahres. In Hessen dagegen erst mit 70.

    Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2931
    Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung