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RLP: Lehrerbeschwerde gegen Zwangspensionierung

04.11.2009 - von diverse

bin lehrer. muss mit 65 gehen. will nicht, da noch rüstig, robust und fit. habe hinausschieben des ruhestandes beantragt. bildungsministerium (Rheinland-Pfalz)rlp hat abgelehnt. kein dienstliches interesse. klage eingereicht.
Herr D. ist einer jener Lehrer in Rheinland-Pfalz, der auch jenseits des 65. Lebensjahres weiterarbeiten möchte. Er fühlt sich fitt und hält das Zwangspensionsalter für altersdiskriminierend. Bei Durchsicht seiner Personalakte macht er einen sensationellen Fund. Er findet die ausführliche Mail, die von einem Mitarbeiter des Aufsichts- und Dienstleistungsdirektoriums (ADD) Trier an die zuständige Schulrätin geschrieben worden ist. Aus jeder Zeile trieft die Verachtung für die Angelegenheit des Bürgers und es wird deutlich: Der Behörde geht es nicht um eine neutrale Befassung mit der Sache, sondern um das Ausdenken von Tricksereien, damit Altersdiskriminierung unangefochten und verläßlich so praktiziert werden kann, wie in all den Jahrzehnten zuvor. Lesen Sie den Brief des Anwalts von Herrn D. an das Land Rheinland-Pfalz.

"... nehmen wir Bezug auf unseren gestrigen Schriftsatz und haben für den Antragsteller ergänzend noch darauf hinzuweisen, dass er beabsichtigt, weitere Rechtsbehelfe gegen die Ablehnung seines Antrages zu ergreifen, bis hin zum Rechtsschutz vor den europäischen Gerichten, sollte das Oberverwaltungsgericht in Rheinland-Pfalz der Beschwerde aus den im Schreiben vom 23. Oktober 2009 genannten Gründen nicht stattgegeben.
Grund hierfür ist die Tatsache, dass der Antragsteller davon überzeugt ist, dass er trotz vorliegender dringender dienstlicher Gründe von den handelnden Personen der ADD aus sachfremden Erwägungen nicht weiter beschäftigt worden ist.
Der Antragsteller hat in der letzten Woche seine Personalakte eingesehen und dort eine E-Mail gefunden, die diese Einschätzung untermauert.
Dort schreibt der Mitarbeiter der ADD in Trier, Herr A.W. am 9. März 2009 an die Schulrätin, Frau C.P. unter anderem wörtlich:

(...)
Denn gemäß § 55 LBG müssen ja nicht darlegen, dass und warum wir Herrn Dupont nicht brauchen. Vielmehr kann der Ruhestandesbeginn nur hinausgeschoben werden, wenn dringende dienstliche Belange im Einzelfall die Fortführung der Dienstgeschäfte durch einen bestimmten Beamten erfordern. Es bedarf also keiner „guten Erklärung“ für die Ablehnung, sondern umgekehrt einer „sehr guten Erklärung“ für die Bewilligung. Und wenn wir diese nicht haben, dürfte das Ministerium (eigentlich) auch nicht anders entscheiden.

Gleichwohl erscheint es sinnvoll, in einem Telefonat mit dem MBWJK (Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur) darauf hinzuweisen, dass eine Bewilligung entgegen unserem ablehnenden Votum sehr nachteilige Auswirkungen haben würde. Meines Erachtens sollten wir im Rahmen eines solchen Telefonates auch darauf hinweisen, dass sich Herrn D. derzeit im Krankenhausunterricht befindet und dass diese Stellen häufig benötigt werden, um Wiedereingliederungsversuche mit (vorübergehend) schuldienstunfähigen Lehrern zu starten. Da kann es wohl kaum sein, dass wir einen wiedereingliederungswilligen Lehrer in den Ruhestand versetzen müssen, weil wir einen möglichen Bedarf im Krankenhausunterricht durch § 55 LBG decken.
(...)

Beweis: die in Ablichtung beigefügte E-Mail vom 9. März 2009
Aus diesen Darlegungen ergibt sich eindeutig, dass die gesamte Argumentation des Antragsgegners
im vorliegenden Verfahren nicht ernst gemeint war, wenn die handelnden Beamten des Antragsgegners unumwunden einräumen, dass der Antragsteller hinausgeworfen werden müsse, weil kranke Lehrer die Möglichkeit erhalten sollen, im Krankenhausunterricht weiter beschäftigt zu werden.
Die Behauptung des Antragstellers, der Antragsgegner benutzte den Krankenhausunterricht, um anders nicht mehr einsetzbare Lehrer zu versorgen, ist durch diese E-Mail eindrucksvoll bestätigt worden.
Da somit der Antragsteller davon ausgehen muss, dass alle „Argumente“ des Antragsgegners in der Sache falsch waren, wird er nach einer möglichen ablehnenden Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz weitere Rechtsbehelfe ergreifen.

Wenn das Verwaltungsgericht Frankfurt in der als Anlage 7 beigefügten Entscheidung vom 7. August 2009 der Auffassung ist, die beamtenrechtlichen Altersgrenzenregelungen seien mit dem Verbot der Altersdiskriminierung im Europäischen Gemeinschaftsrecht unvereinbar, so ist diese Argumentation sicherlich nicht von der Hand zu weisen und wird ausdrücklich zum Gegenstand in diesem Verfahren gemacht, auch wenn der Hessische Verwaltungsgerichtshof dies in der Beschwerdeentscheidung anders gesehen hat.
Der Antragsteller geht allerdings davon aus, dass die entsprechenden Bedenken zu Recht erhoben wurden und das Gericht im vorliegenden Fall sehr wohl zu dem Ergebnis kommen kann, dass aus europarechtlichen Gründen die rheinland-pfälzischen Regelungen über die zwingende Altersgrenze und die zwingenden Rechtsfolgen des Erreichens der Altersgrenze gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßen.

Wir appellieren daher nochmals an das Gericht, trotz der gegebenen Hinweise auf die Entscheidung vom 18. Oktober 2005 der Beschwerde des Antragstellers mindestens unter dem europarechtlichen Aspekt stattzugeben.
Müller
Rechtsanwalt

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=3184
Quelle: Mail an die Redaktion