19.08.2010 - von W.S.
DGB, SoVD und Volkssolidarität haben bereits 2008 GEGEN die Rente mit 67 protestiert. Letztes Jahr kam eine im Kölner Stadt-Anzeiger am 29.6.09 veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Omniquest zu dem Ergebnis, dass 69,1 Prozent der Befragten GEGEN die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre sind.
Die Caritas ist FÜR die Rente mit 67. Am 9. August 2010 erklärte Caritas-Generalsekretär Georg Cremer: "Die von der Großen Koalition beschlossene Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre ist notwendig, um die Gesetzliche Rentenversicherung stabil zu halten". Und die SPD? Laut FAZ online vom 18.8.2010 gibt es dort drei Meinungen: Steinmeier, der möglichst wenig am Konzept der Rente mit 67 verändern will, Wowereit, der möglichst viel ändern will, und Gabriel, der in dieser Frage integrieren muss. Die Jusos kündigten am 18.8. an, sich für einen Mitgliederentscheid stark zu machen, sollte der SPD-Sonderparteitag Ende September das umstrittene Reformprojekt aus der Zeit der großen Koalition nicht kippen.
Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Bundestagfraktion DIE LINKE: „Nicht einmal zehn Prozent der 64-Jährigen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Lediglich 7,5 Prozent aller, die sich tatsächlich bis 65 am Arbeitsmarkt halten, hatten unmittelbar vor dem Eintritt in den Ruhestand einen sozialversicherungspflichtigen Job. Wer kurz vor der Rente erwerbslos wird, ist nahezu chancenlos, wieder einen Job zu erhalten. Gerade ein Fünftel der 60-Jährigen und weniger als zehn Prozent der 64-Jährigen schaffen den Übergang aus der Erwerbslosigkeit in Erwerbstätigkeit, erläuterte der Kölner Bundestagsabgeordnete zentrale Ergebnisse aus der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE zur Beschäftigungssituation Älterer. Siehe: Bundesregierung zur Beschäftigtensituation Älterer Link
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„Das wichtigste Verkaufsargument der Versicherungsagenten für die Privatvorsorge ist die angeblich mangelhafte Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente, also der Hinweis darauf, dass die Rente nur noch 50 % oder gar nur noch 40 % oder noch weniger ausmacht, wenn der von der Privatvorsorge-Propaganda Angesprochene in Rente gehen will. Die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente ist systematisch vermindert worden – durch Nullrunden, den Nachhaltigkeitsfaktor usw. Die Erhöhung des Renteneintrittsalters war dann ein besonders großer Schritt bei der bewusst betriebenen Erosion des Vertrauens in die gesetzliche Rente…“
Artikel von Albrecht Müller vom 13. August 2010 bei den Nachdenkseiten Link
EinenBrief an Ministerin von der Leyen, CDU, die FÜR die Rente mit 67 ist, hat W.S. geschrieben:
Sehr geehrte Frau Ministerin,
in den Medien wird berichtet, sie wehren sich dagegen, dass das Rentenalter von 67. wieder abgeschafft wird. Sie sind Jahrgang 1958. Deshalb muss angenommen werden, dass Ihnen die Ursachen der Entwicklung, die zu den leeren Rentenkassen führte, nicht ausreichend oder gar nicht bekannt sind - anders ist Ihre Haltung nicht erklärbar. - es sei denn, dass man dabei die täglichen Mengen an Fakten und Informtionen berücksichtigt, die manchmal den Überblick erschweren.
Mir selbst - der viele Jahre mit den Nachrichten in den Medien beruflich zu tun hatte, waren einige der nachfolgenden Informationen auch nicht völlig bekannt - außer zum Beispiel - der von den meisten Beitragszahlern und Rentnern kaum zur Notiz genommenen, wenige Zeilen umfassenden Meldung Ende der 50er Jahre, die da lautete: (Beitrags-)"Überschüsse in der gesetzlichen Rentenversicherung dürfen abgeschöpft werden." In welchem unglaublichen Umfang das stattfand, wurde mir auch erst kürzlich bekannt.
Es ist aber purer Zynismus, wenn einerseits die in Rentenfragen die Regierumg "beratende" "Rürup"-Kommission vor kurzem erklärte, es war "ein Fehler, viel zu spät kapitalgedeckte Renten" einzuführen - sie meinte aus offenkundigen Gründen nur private "Zusatzrenten" (wie die "Riester-Rente") - aber diese als "Wirtschaftweise" bekannten Professsoren Rürup, Raffelhüschen und Börsch-Supan es versäumten, die 1957 von Adenauer abgeschaffte Kapitaldeckung die von ihr so gepriesene Kapitaldeckung auch für die GRV zu empfehlen - für die GRV, welche wie weiter unten aufgeführt - in der vom ADG e.V. (und anderen Autoren) festgestellten Weise seit 1958 geplündert und gebeutelt wurde.
Gestern forderte der Vorsitzende der Jungen Liberalen,eine Kasserierin, zum Beispiel, die 650 Euro im Monat verdiene, solle ihre Rente "ansparen" - also das tun, was bis 1957 vor Abschaffung der Kapitaldeckung der Renten durch Adenauer selbstverständlich war.
Es ist ebenso unerhört, vermutlich auf die von dem Verfassungsrechtler Prof. H. von Arnim oft kritisierte "Bürgerferne" der verantwortlichen Politiker zurückzuführender Zynismus, wenn Politikern dann nichts anderes einfällt als Rentenkürzungen und die Rente mit 67.
Informationen der ADG (Aktion Demokratische Gemeinschaft e.V) zufolge wurden von 1958 bis 2007 rd. 610.885.000.000 €uro (einschließlich umgerechneter DM-Summen) für versicherungsfremde, weder durch Beiträge noch durch ausreichende Steuermittel gedeckte , der GRV aufgebürdete Lasten zweckentfremdet.
Diese Zweckentfremdung wurde Jahrzehnte lang bestritten, obwohl sie aus den Angaben des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) nachgewiesen werden kann und stattdessen fälschlich behauptet, sie seien durch angebliche "Zuschüsse zu den Renten" voll gedeckt.
Als 2006 die FDP-Bundestags-Fraktion laut "hib"-Meldung - durch eine "Kleine Anfrage" - (Bundestags-Drucksache 16/1452) in Erfahrung bringen wollte, wie hoch denn (allein) 2005 Beiträge der GRV für versicherungsfremde, der GRV aufgebürdete, nicht durch Beiträge gedeckte Leistungen gewesen seien, erklärte ein Regierungsvertreter am 29. Mai 2006, dass es 1. keine genauen Unterlagen darüber gäbe, und 2. es solche "beitragsungedeckten, der GRV übertragene Aufgaben" gibt, aber sie fügte noch hinzu, dass man diese Zweckentfremdung von Beiträgen bis 2017 "einplane" - das heißt also - die bisherige Zweckentfremdung von Beiträgen bis 2017 fortzusetzen gedenke. (2017 - so glaubt man - höre die Belastung durch Kriegsfolgelasten auf, welche aus den Rentenkassen bezahlt werden, genau so wie die finanziellen Lasten der Wiedervereinigung). 3. Die Formulierung war ebenso unfaßbar: "Ein Vergleich des Beitragsaufkommens mit den "beitragsungedeckten", der GRV "übertragenen" Lasten sei "unzulässig".(!)(Vielleicht aber auch nur unangenehm?)
Der seinerzeitige Vorsitzende der Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) Husmann appellierte bereits 1998 auf einer Tagung des VDR in Furtfurt/M. an die Politiker, der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ständig neue, beitragsungedeckte, versicherungsfremde Lasten aufzubürden ohne ausreichenden Ersatz aus Steuermitteln".
Der Minsterpräsident Kurt Beck erklärte im "Sommerinterview des ZDF" 2008: "Der Löwenanteil der Einigung wurde aus den Sozialkassen finanziert. Das muss in Ordnung gebracht werden."
Purer Zynismus ist auch die verlogene Propaganda mit der Gehirnwäsche vom "Generationenvertrag": Im Sommer 2008 sagte eine Moderatorin des "Mittagsmagazins" im ZDF: "Kaiser Wilhelm und Bismarck gründeten 1879 den Generationenvertrag". Das so bezeichnete umlagefinanzierte Rentensystem wurde bekanntlich erst 1957 trotz der Warnungen durch Ludwig Erhard vor den Folgen des Systems eingeführt - Ludwig Erhard, Vater des Wirtschaftswunders, nannte das System eine "Zeitbombe" für wirtschafts- finanz und arbeitsmarkt- schwache Zeiten.
Adenauer war jedoch der Auffassung "Kinder kriegen die Leute sowieso" - die Kinder, die als erwachsesne Erwers- tätige mit ihren Beiträgen zur GRV die Renten der alten
finanzieren müssen. Purer Zynismus damals und auch heute noch, wenn man dann nichts Besseres weiss als die Rente mit 67, Frau von der Leyen!
Wegen der beitragsungedeckten Fremdleistungen entstanden seit 1958 bis heute die unten aufgeführten Fehlbeträge, für welche seit mehr als 50 Jahren die GRV-Beitragszahler und die Rentner herhalten müssen, nachdem unsere "Volksvertreter" den Beschluss fassten "Überschüsses in der Rentenversicherung dürfen >abgeschöpft< werden" - wobei das umlagefinanzierte Rentensystem den Griff in die Kassen erleichterte, was bei Kapitaldeckung der Renten so nicht ohne weiteres möglich ist. - Dieses Geld wurde für solche Lasten zweckentfremdet, die eigentlich von der Allgemeinheit, also allen Steuerzahlen - auch von Ihnen - getragen werden müssten und nicht von den Beitragszahlern und Rentnern allein.
Der Tabelle des ADG e.V. zufolge Link sollen also 610.885.000.000 € in den Rentenkassen fehlen, weil das umlagefinanzierte Rentensystem den Griff in die Rentenkassen erleichterte, so dass dies von den meisten Beitragszahlern und Rentnern kaum oder gar nicht bemerkt wurde. Oder kann es sein, dass auch Sie, Frau von der Leyen, davon gar nichts ahnen?
Wenn diese verantwortungslose Politik nicht stattgefunden hätte und allein diese Beitragsüberschüsse wie bis 1957 Gewinne erzielend, Zinsen und Zinseszinsen erbringend als Reserven angelegt worden wären, dann könnten Sie sich selber ausrechnen, welche enormen Renten-Reserven heute, 2010 vorhanden wären.
Wenn man nur 3 - 4 % Verzinsung dem zugrunde legt, dann müssten sogar ohne die außerdem von den Rentenversicherungsträgern erzielten Anlagegewinne zu Rentenreserven (!) von mehr als 1 Billion geführt haben.
Jede Diskussion um leere Rentenkassen und auch das geforderte Rentenalter mit 67 Jahren wären dann völlig unnötig. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass in normalem Arbeitsleben über 40 oder mehr Jahre angespartes gewinnbringend angelegtes und verzinstes Rentenkapital trotz erfolgender Rentenzahlungen wegen der ständig weiter anlaufenden Gewinne, Zinsen und Zinseszinsen niemals völlig aufgebraucht wird, selbst wenn ein geradzu biblisches Rentenalter erreicht wird.
Von dieser Tatsache existieren und profitieren private Rentenversicherer, die außer den Zinsen für das angesparte Rentenkapital auch noch Gewinne für die Dividenden der Aktionäre erwirtschaften müssen und außerdem noch eigene Gewinne verbuchen wollen. Diese zusätzliche Kostenbelastung gibt oder gab es nie in der Gesetzlichen
Rentenversicherung.
Das wusste die Rürup-Kommission, die Professoren Rürup, Raffelhüschen und Börsch-Supan sehr genau und deshalb empfahlen sie Zusatzrenten bei privaten Versicherungs- und Finanzkonzernen (wo sie führende und leitende Positionen bekleiden).
Also hören Sie auf, dem Volk Blech zu erzhählen, die Rentenkassen seien leer und künftige Rentner müssten bis zu ihrem 67. Lebensjahr arbeiten - wegen der demografischen Entwicklung - die nannte bereits 1997 der Parlamentarische Staatssekretär Rudolf Dreßler im Bundestag "ein pseudowissenschaftliches Alibi für geplante Rentenkürzungen" - er nannte drei versicherungsfremde, der GRV aufgebürdete, beitragsungedeckte Lasten, darunter die von der GRV getragenen Kosten für die Wiedervereinigung". Dreßler erklärte: "Wenn man nur eine einzige dieser drei beitragsungedeckten Lasten - nicht alle drei, sondern nur eine - "vernünftig durch Steuermittel finanzierte, dann wären die Renten außerhalb jeder Diskussion."
Siehe:
Im Bundestag notiert: versicherungsfremde Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung´Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage - 17.05.2006 Bundestagsdruckskache 16/1452 Link und Link
Vielleicht fällt Ihnen doch noch ´was Besseres ein als "Rente mit 67" oder Rentenkürzungen. Vielleicht helfen Ihnen dabei auch die in folgendem Link enthaltenen Informationen, die auch in zahlreichen Büchern und anderen Publikationen nachgelesen werden können. Dort heißt es, die "demografische Entwicklung" als Grund für die leeren Rentenkassen sei "eine dreiste Lüge".
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