Berlin, Flughafen Tempelhof, 2010 Foto H.S.
18.09.2012 - von Hermann Schimpf
Altersarmut bewegt die Politik. Warum erst heute? Zuerst wurde das Rentenniveau des Umlageverfahrens über Jahrzehnte durch die Fehlverwendung von Beiträgen der Versicherten für Haushaltspositionen permanent abgesenkt, um mit der Rentengesetzgebung unter Rot-Grün die Funktion als dynamische Alterssicherung der gesetzliche Versicherten Arbeitnehmer endgültig zu verlieren. Und das nur auf die Behauptung von bestimmten Interessengruppen der Wirtschafts- und Finanzlobby hin, die sich von den Änderungen finanzielle Gewinne versprochen haben. Diese Gewinne wurden – zu Lasten des Umlageverfahrens - inzwischen auch realisiert.
Als Bürger und Rentner habe ich seit Einführung der Rentenreformen durch Rot-Grün alle Möglichkeiten wahrgenommen um auf die Probleme hinzuweisen, die sich zwangsläufig für 61 Millionen Menschen und den Staat (Steuerzahler) aus diesen Systemveränderungen ergeben. Der Erfolg ist vergleichbar dem Versuch Don Quijotes gegen Windmühlenflügel zu kämpfen. Unsere Volksvertreter sind unbestechlich - sie nehmen wirklich absolut nichts an, auch wenn es nachweislich rational nicht bestritten werden kann.
Parteiprogramme, sowie der allmächtige Fraktionszwang lähmen ersichtlich die menschliche Gabe lernfähig zu sein und verhindern vernunftorientiertes Handeln, nach dem Motto: „Wir haben unsere (vorgefasste) Meinung, und lassen uns nicht von läppischen Tatsachen davon abbringen, und schon gar nicht von Wichtigtuern aus dem gemeinen Volk, die ihre Stimme bereits abgegeben, also zu schweigen haben (der Souverän wird bis zur nächsten Wahl zum nutzlosen Störfaktordegradiert).
Reaktionen auf meine Interventionen habe ich - mit Ausnahme von CDU/CSU - meist von allen Parteien erhalten. Diese Höflichkeit ist immerhin eine Anerkennung dem Bürger gegenüber, wenn auch die eingereichten Fragen meist nicht konkret beantwortet wurden (Meisterwerke der Rabulistik).
Es gibt aber auch Antworten, auf nicht gestellte Fragen, die aber nun von Nutzen sind, nämlich zur jetzt diskutierten Aufstockung von Kleinrenten (Mindestrente bei langjähriger Versicherung) und deren Finanzierung. Dazu habe ich in 11/2010 von der SPD-Bundestagfraktion, Frau Andrea Timm, folgende Auskunft erhalten:
Zitat Andrea Timm, SPD:
"Hohe Beiträge müssen entsprechend hohe Leistungen nach sich ziehen – dieses Prinzip heißt in der gesetzlichen Rentenversicherung Beitragsäquivalenz. Ein Ausgleich hierfür innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung - beispielsweise über Mindestrenten – würde das Beitrags- und Versicherungsprinzip durchbrechen und dieses Prinzip unwirksam machen. Es wäre in Deutschland verfassungswidrig. Das bedeutet, dass solche Aufstockungen ausschließlich aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren wären."
Diese Feststellung beantwortet im Übrigen auch meine vielen unbeantworteten Fragen und Petitionen bezüglich der Fehlverwendung von Beiträgen für Rentenleistungen, für die sich der Staat verpflichtet hat und die von allen Steuerzahlern zu Lasten des Bundeshaushaltes zu übernehmen sind. Die Verwendung von Beiträgen dafür ist somit ebenfalls verfassungswidrig!
Wie sich solche Fehlverwendungen von Beiträgen auf das Rentenniveaus auswirken, zeigt folgender Soll-Ist-Vergleich:
1995 wurde den Versicherten bei einem Renteneintritt in 2009 eine Eckrente von 1.510 Euro in Aussicht gestellt.
Tatsächlich betrug die Eckrente in 2009 dann nur noch 1.180 Euro, also 22 Prozent weniger. Wo ist das Eigentum der Beitragszahler geblieben? Das Rentenniveau sinkt nun aufgrund der „Rentenreformen“ unter Schröder/Steinmeier planmäßig bis zur Erreichung der Armutsgrenze immer weiter.
Das verfügbare Renteneinkommen der Bestandsrentner ist seit den Reformen bereits um 9 Prozentpunkte gesunken. Die heutigen Rentner werden gezwungen, die staatliche Kostenbeteiligung für die private Rente der zukünftigen Rentner gleich zweimal mitzufinanzieren (Steuer und Riester Faktor), ohne selbst davon begünstigt zu sein, und das alles ohne Vertrauensschutz und Rücksicht auf das Grundgesetz. 45 Planungsjahre sind für die Katz. Wie sagt die Kanzlerin so gerne: „versprochen, gebrochen.“
Unter diesen Gesichtspunkten muss eine Kehrtwende in der Rentenpolitik stattfinden. Die heutigen Rentner müssen wieder am allgemeinen Wirtschaftswachstum teilnehmen, alle Abzugsfaktoren von den Lohnsummen müssen entfallen. Das Rentenniveau darf nicht weiter sinken. Beiträge dürfen nur nach dem Beitragsäquivalenz-Prinzip verwendet werden. Die Aufwendungen für die privaten Ersatzversicherung Riester usw.) müssen wieder dem Umlagesystem zugeführt und paritätisch finanziert werden.
Was die Politik versaut hat, muss die Politik auch wieder richten. Frohes Schaffen!
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Schimpf (staatlich leidgeprüfter Wutrentner)
P.S: Wer Wert auf die Meinung unabhängiger Fachleute bezüglich der demografischen Auswirkungen auf die gesetzliche Rente legt, und auch die Nachteile der privaten Altersversorgung besser kennen lernen will, sollte sich die Zeit nehmen und sich die beiden nachfolgenden YouTube-Beiträge ansehen. Man kann ja nur lernen - auch in der Politik. Auch wenn es nicht mit vorgefassten Meinungen kompatibel ist.
Dass das Umlageverfahren in erster Linie nicht von der Demografie, sondern dem Beschäftigungsgrad abhängt, sollte bekannt sein. Erst wenn das Beschäftigungsniveau stark zurückgehen sollte, gäbe es ein vorübergehendes Finanzierungsproblem im Umlageverfahren. Aber keine Zukunftspanik: weniger Beschäftigte erzeugen weniger zukünftige Rentner. Bei den Beamten ist das aber problematischer zu sehen.
http://www.youtube.com/watch?v=nwsiykWrKIg&feature=plcp
http://www.youtube.com/watch?v=6O8ElnBv0xA&feature=relmfu
Als Offener Brief (per Mail) versandt an: die Fraktionen des Bundestages - für die betroffenen Ausschüsse, Ursula von der Leyen (BMAS), Bundespräsident Joachim Gauck z. K (Vertrauen ist gut, Kontrolle unerlässlich, AZ 12-433 20-12-1/12)
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