Diskriminierung melden
Suchen:

Deutsche Bank-Chef über Löhne

11.02.2005 - von Gerald Semkat

In einem Gespräch mit der Volksstimme Magdeburg sagte Norbert Walter, Chef der Deutschen Bank:
Wir werden - wie andere Firmen auch - bestimmte Back-Office-Aufgaben nach Osteuropa verlagern. Durch "Smart sourcing" sparen wir Arbeitskosten oder verbessern die Qualität von Arbeit. ... Ein Buchhalter wird möglicherweise woanders in Deutschland einen neuen Job finden. Aber ein Ingenieur oder jemand, der Messen organisiert,
kann auch in Dubai oder Hongkong arbeiten.

Volksstimme:
Globalisierung bringt einen Wettbewerb um kluge Köpfe mit sich ...

Walter:
... und wir müssen dringend erkennen, dass mit der Globalisierung auch Wettbewerb um
Arbeitskosten entsteht. Deshalb müssen wir bei leicht vergleichbaren und ersetzbaren Arbeiten die
Alternativangebote ernst nehmen.

Volksstimme: Das bedeutet ...

Walter:
... dass manche von uns - wegen des intensiven Wettbewerbs mit Mittel- und Osteuropa - nicht so
viel verdienen werden, wie sie in Deutschland zum Überleben brauchen. Dann kann es sein, dass zwei oder drei Mitglieder einer Familie arbeiten müssen, damit es zum Leben reicht. Wir haben in Deutschland die Vorstellung entwickelt, es sei Pflicht eines Unternehmers, einem Beschäftigten einen Familienlohn zu zahlen. Das geht wirtschaftlich aber nicht. Wir haben zu hohe Kosten und fliegen im Wettbewerb raus.

Volksstimme:
Müssen wir uns auf polnisches Lohnniveau einstellen?

Walter:
Wir brauchen nicht auf polnisches oder auf rumänisches Niveau, aber wir müssen von unserem
extrem hohen Niveau runter.

Volksstimme:
Grundsätzlich aber braucht die Lohnpolitik eine Korrektur?

Walter:
Sie zu korrigieren, ohne Sozialpolitik zu korrigieren, ist nicht realistisch. Wenn das untere Niveau, dessen was jemand von der Kommune bekommt, so hoch ist wie das, was er bestenfalls bekommen kann, wenn er acht Stunden oder länger arbeitet, ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle diese Arbeit annehmen, nicht sehr groß. Wir müssen den Deutschen zumuten, ihr Sozialleistungsniveau abzusenken oder die Bedingungen, an die der Erhalt dieser Leistungen geknüpft sind, zu verschärfen. Dies kann ein Arbeitsgebot für jemanden sein, der leistungsfähig ist.

Volksstimme:
Wofür plädieren Sie?
Volksstimme:
Was ist Ihrer Meinung nach an Leistungen zu senken?

Walter:
Wir können uns ein Wohngeld, wie wir es haben, nicht leisten. Wir können uns Renten auf dem
heutigen Niveau nicht leisten. Da hilft langfristig, das Renteneintrittsalter heraufzusetzen. Es muss ehrlich
gesagt werden, dass man künftig nicht mit 62, sondern mit 68 Jahren in Rente geht.

Volksstimme:
Jeder Gewerkschafter würde Ihnen jetzt sagen: Aber sehr viele Leute verlieren doch schon
lange vor der Rente ihre Arbeit.

Quelle: Volksstimme Magdeburg, 11.02.2005 www.volksstimme.de/artikelanzeige.asp?Artikel=647949

Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema Arbeit:
11.02.2005: Wirtschaftsministerium: Bloß nicht älter als 35
09.02.2005: Jugendwahn im Gastgewerbe
02.02.2005: Hätte ich gewußt hätte, dass Sie schon 50 sind ...

Alle Artikel zum Thema Arbeit