02.05.2011
„Gott sei Dank“ gibt es die Behinderten und der Deutsche Caritasverband muss (wieder einmal) nicht Klartext über die Grundsicherung im Exportkapitalismus Deutschland reden. Allerdings: mit dieser Nuschelkommunikation wird der DCV Probleme bekommen. Nach Adam Sarrazin kann er sich sogar selber aus-rechnen, dass es schon in ein paar Jahren heißen muss: „Allah sei Dank“ – weil Fertilität und Migranten machen auch vor der Behinderung nicht halt. Das politische Geschäftsmodell der Caritasspitze, deutsch und katholisch über Be-hinderung schwurbeln, damit man politisch und ökonomisch nicht über Grundsicherung reden muss wird bald schon sprachintegrativ und religi-onsinklusiv ziemlich obsolet geworden sein.
Was ist geschehen? Caritas-Präsident Dr. Neher hat sich für den Jahresempfang 2011 (!) des Verbandes ein Grusswort aufschreiben lassen in dem hochaktuell vor allem die UN-Behindertenkonvention von Anno Domini 2009 (!) gewürdigt wird. Schöne Gedanken zu „Gemeinsamem lernen“, „Teilhabe am Arbeitsleben“, „Wohnen mittendrin“ und „Leben mit Behinderung“ kommen außerdem in diesem Grußwort vor – aber das war es dann auch schon für 2011.
Auch ohne Blick in die Zeitung vom Tage stellt sich hier schon die Frage: Hinter wel-chem Dorfkirchturm oder hinter welcher Petersdomkuppel arbeitet eigentlich die „Pressestelle“ des DCV?
Hat es keine Finanz- und Realkrise gegeben, deren Kosten per Schuldenbremse und Sparpaket auch unmittelbar auf die Wohlfahrtsverbände und deren Schutzbefohlene abgewälzt werden? Hat es keine Politik der Beitragssatzbremsen in der Kranken- und Rentenversicherung gegeben, die Gesundheits- und Altersarmut produziert? Hat es keine Konkurrenz- und Profitförderung in der Gesundheitsversorgung gegeben, die Krankenhäuser ruiniert? Wird keine Pflegereform propagiert, die „Care“ weiter bei den Angehörigen ablädt? Gibt es keine Zivildienstkrise dank Guttenbergreform? Hat es keine offene Hetze (Westerwelle) und bildungsbürgerliche Verächtlichkeit (von der Leyen) gegenüber Millionen Grundsicherungsempfängern gegeben? Wurde nicht das Bundesverfassungsgericht bei den Regelsätzen von der Berliner Ministerialbürokratie überspielt?
Vom „Chefökonomen“ des Deutschen Caritasverbandes, Prof. Cremer, kamen zu solchen Themen schon 2009 vor allem warnende Worte vor einer „grundsätzlichen Systemdebatte“ und warme Empfehlungen für die Caritas, „ihre Stellung im Markt“ zu sichern.
Ein Zyniker, der jetzt fragen würde, ob Dr. Neher vielleicht deshalb so strikt gegen die Präimplantationsdiagnostik ist, weil Prof. Cremer sich große Sorgen um die Marktstellung (=Kundschaft) macht? Aus dem Gesundheitsbusiness jedenfalls wissen wir inzwischen recht gut, dass mit echten und vor allem erfundenen Kranken die Leistungsanbieter „ihre Stellung im Markt“ viel besser sichern können als mit Gesunden.
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