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EuGH: Befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses eines Lehrers über Regelaltersgrenze hinaus: Zulässig

28.02.2018

Urteil in der Rechtssache C-46/17Hubertus John/Freie Hansestadt Bremen. Die Befristung der Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze hinaus ist zulässig. Der Arbeitnehmer kann nicht geltend machen, dass es sich dabei um einen Missbrauch befristeter Arbeitsverträge handelt. Herr Hubertus John wurde von der Stadt Bremen (Deutschland) als Lehrer angestellt. Kurz vor Erreichen der Regelaltersgrenze beantragte er, über diesen Zeitpunkt hinaus weiterbeschäftigt zu werden. Die Stadt Bremen erklärte sich damit einverstanden, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 zu verlängern.

Den von Herrn John in der Folge gestelltenAntrag, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des ersten Schulhalbjahres 2015/2016 zu verlängern, lehnte sie jedoch ab.

Herr John erhob daraufhin Klage gegen die Stadt Bremen. Er macht geltend, die
Befristung der gewährten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses verstoße gegen Unionsrecht. Das Landesarbeitsgericht Bremen (Deutschland), bei dem die Rechtssache anhängig ist, weist darauf hin, dass die geltende nationale Regelung es den Arbeitsvertragsparteien unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinauszuschieben, nur weil der Arbeitnehmer durch Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Altersrente hat.

Das Landesarbeitsgericht möchte wissen, ob eine solche Regelung mit dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters und der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (zur Verhinderung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge) vereinbar ist.
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Mit seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass das Verbot der
Diskriminierung wegen des Alters einer nationalen Bestimmung wie der in Rede stehenden nicht entgegensteht, die bei Arbeitnehmern, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, das Hinausschieben des Zeitpunkts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einer befristet erteilten Zustimmung des Arbeitgebers abhängig macht
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Nach Auffassung des Gerichtshofs werden Personen, die das Rentenalter erreicht haben, durch eine solche Regelung nicht gegenüber Personen, die dieses Alter noch nicht erreicht haben, benachteiligt.

Die Regelung, nach der das Ende des Arbeitsverhältnisses mehrfach
hinausgeschoben werden kann, und zwar ohne weitere Voraussetzungen und zeitlich unbegrenzt, stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der automatischen Beendigung des Arbeitsvertrags bei Erreichen der Regelaltersgrenze dar. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses setzt in jedem Fall die Zustimmung beider Vertragsparteien voraus.

§41 („Altersrente und Kündigungsschutz“) Satz 3 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs in der seit dem 23. Juni 2014 geltenden Fassung. Gemäß der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000,L303, S.16).3 Am 18. März 1999 geschlossene Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie
1999/70/EG des Rates vom 28.Juni1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-
Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. 1999,L175, S.43).

Was die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge angeht, hat der Gerichtshof Zweifel, ob die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses , um die es hier geht, als Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge angesehen werden kann. Es erscheint nämlich nicht ausgeschlossen, sie als bloße vertragliche Verschiebung des ur sprünglich vereinbarten Rentenalters aufzufassen.
Der Gerichtshof führt hierzu aus, dass aus den Akten nicht ersichtlich ist, dass die streitige Regelung geeignet ist, den Abschluss aufeinanderfolgender Arbeitsverträge zu fördern, oder eine Quelle potenziellen Missbrauchs zulasten der Arbeitnehmer darstellt. Jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Regelaltersgrenzen systematisch zu einer Prekarisierung der Lage der betreffenden Arbeitnehmer im Sinne der Rahmenvereinbarung führen, sofern die Arbeitnehmer
in den Genuss einer abschlagsfreien Rente kommen und insbesondere wenn eine Verlängerung des fraglichen Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber zulässig ist.
Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht zu der Auffassung gelangen sollte, dass die Herrn John zugestandene Verlängerung des Arbeitsverhältnisses einen
Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge darstellt, entscheidet der Gerichtshof, dass die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge einer nationalen Regelungwie der in Rede stehendennicht entgegensteht, die es den Arbeitsvertragsparteien ohne weitere Voraussetzungen zeitlich unbegrenzt ermöglicht, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung
während des Arbeitsverhältnisses, gegebenenfalls auch mehrfach, hinauszuschieben, nur weil der Arbeitnehmer durch Erreichen derRegelaltersgrenze einen Anspruch auf Altersrente hat.

Der Gerichtshof verweist insoweit auf die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, wonach sich ein Arbeitnehmer, der das Regelalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht, von anderen Arbeitnehmern nicht nur hinsichtlich seiner sozialen Absicherung unterscheidet, sondern auch dadurch, dass er sich regelmäßig am Ende seines Berufslebens befindet und damit im Hinblick auf die Befristung seines Vertrags nicht vor der Alternative steht, in den Genuss eines unbefristeten Vertrags zu kommen. Außerdem ist bei der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses, um die es hier geht, gewährleistet, dass der betreffende Arbeitnehmer zu den ursprünglichen Bedingungen weiterbeschäftigt wird und gleichzeitig seinen Anspruch auf eine Altersrente behält.

HINWEIS:
Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im
Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

Link: Lehrer in Hessen darf weiterarbeiten
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union PRESSEMITTEILUNG Nr. 23/18 Luxemburg, den 28 . Februar 2018