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Hoffnung: Bürger- oder Rentenversicherung wie in Österreich

Foto: H.S.

03.07.2023 - von Horst Gehring

Seit 2004 zahlen gesetzlich krankenversicherte Rentner auf ihre betriebliche Zusatzvorsorge statt des halben den vollen Krankenversicherungs- und Pflegesatzbeitrag. Etwa 5,5 Millionen Rentner sind betroffen.

Nachrichtlich per E-Mail gesandt an
Christian Dürr MdB für die FDP 28. Juni 2023

Sehr geehrter Herr Dürr,

wegen der Ukraine-Krise, der Sorge über denAfD-Höhenflug und das Wärmepumpen – Diktat Robert Habecks, sind viele innenpolitische Themen bis dato unbeantwortet blieben.

Bereits in meiner E-Mail vom 08.02.2023 habe ich z.B. auf Punkte hingewiesen, die die Bürger:innen seit Monaten belasten. ... Die Bürger/innen sind enttäuscht von den großen Volksparteien. Egal welche man nimmt, sie hören nicht mehr zu und haben die Bodenhaftung verloren. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn sich viele der AfD als Protestwähler zur Verfügung stellen. ... Die Volksparteien sollten sich an die eigene Nase fassen und nicht immer mit dem Finger auf andere zeigen. Schon jetzt haben vierzig Prozent der Bundesbürger keine finanziellen Reserven mehr, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Kernpunkt meiner E-Mail aus dem Februar 2023 war der Vorschlag einer Rentenversicherung für alle. Beim ersten Bayerischen Sozialrechtstag am 15.07.2022 in München forderte der oberste Sozialrichter Deutschlands, Rainer Schlegel, eine radikale Änderung in der Rentenversicherung.

Leider ließ der Koalitionsvertrag im November 2021 viele Fragen offen, die mir bis dato die SPD nicht beantwortet hat. ... Die FDP hat zwar einen vagen Vorschlag zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung unterbreitet, der aber durch o.g. Gründe aufs Eis gelegt worden ist.

Rente ist ein aktuelles Thema, was ca. 22 Millionen Rentner: innen bewegt. Ein Vergleich mit dem Österreichischen Rentensystem ist sinnvoll. Die Systeme waren bis Anfang der 2000er Jahre ähnlich und haben nach wie vor viele Gemeinsamkeiten – wenn auch inzwischen sehr unterschiedliche Leistungsniveaus.

Es ist aber nicht logisch, dass Minijobber die Möglichkeit haben, sich aus der Rentenversicherung auszuklinken, während andere Arbeitnehmer diese Möglichkeit nicht haben. Unverständlich sind auch die Regeln zur Rentenversicherungspflicht bei selbstständigen Pflegekräften, um nur ein Beispiel zu benennen: Wer etwa in der Krankenpflege, Säuglingspflege oder in der Kinderpflege arbeitet, muss in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Wer selbstständig in der Altenpflege arbeitet, muss hingegen keine Beiträge zahlen.

Auf die Begründung der Fragen an die SPD warte ich seit November 2021.

Ich erinnere ich mich noch genau an Ihren Beitrag zur Operation Abendsonne im Mai 2021. Da hat Ihre Kritik an der Großen Koalition Begeisterungsstürme in der Wählerschaft ausgelöst. Bei einer ähnlichen Beförderungssituation der Ampel-Koalition im Sommer 2022 haben Sie geschwiegen.

Sehr geehrter Herr Dürr, ich möchte mit meinem Schreiben nur verdeutlichen, dass die Bürger: innen das Gefühl empfinden, dass die Politik in Berlin ihre Sorgen und Nöte nicht
mehr wahrnimmt. Mit dem Wahlsieg im thüringischen Landkreis Sonneberg hat der Höhenflug der AfD seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht; zehn Jahre nach ihrer Gründung. Das heißt aber nicht, dass man zur Tagesordnung übergehen sollte. Die Beliebtheit der mindestens in Teilen rechtsextremen AfD immer nur mit angeblichen „Protestwählern“ zu erklären, die den etablierten Parteien einen Denkzettel verpassten wollten, ist nicht länger zielführend, ja verharmlost gar die Entwicklung. Tatsächlich sehe ich nämlich, dass autoritäres und illiberales Gedankengut in der Breite der Gesellschaft anschlussfähig geworden ist.

Es ist auch kein Akt der Höflichkeit, wenn Einschreiben mit Rückschein an Politiker und Organisationen (z.B. Rentenversicherung) nach vierzehn Tagen ungeöffnet an die Absender zurückgesandt werden. Auch ein Beitrag zur Politikverdrossenheit!!! Daher möchte ich einmal die vorbildliche Reaktion der FDP loben, wo selbst ein Christian Lindner oder Sie nebst führenden Kolleginnen und Kollegen stets ihre E-Mails persönlich beantworten.

Korrekt finde ich auch ein zeitnahes E-Mail von Dr. Lauterbach, der mir auf Anfrage mitteilte, dass eine vollständige Rückabwicklung des GKV-Modernisierungsgesetzes – GMG von 2003 mit Kosten von rund 37 Milliarden Euro verbunden sind, was jenseits jeder realistischen Finanzierungsmöglichkeit liege.

Zur Betriebsrente gestatten Sie mir bitte eine Anmerkung: Der Gesetzgeber ist in § 16 Abs.1 BetrAVG vom Normalwert der Zusage ausgegangen und billigt dem Rentner grundsätzlich während des Bezug Zeitraums eine wertgleiche Betriebsrente zu. Die Anpassung laufender Betriebsrentenleistungen um den Inflationsverlust bildet also die Regel. Auf die Versorgungsordnungen wird hingewiesen.
Ich kann nur daran erinnern, dass jeder, der mit der AfD sympathisiert, genau hinsehen sollte, wofür diese Partei steht.

Als FDP-Politiker möchte ich Sie bitten, parteiintern auszuloten, wo es ggf. Kompromissvorschläge für eine Bürgerversicherung geben könnte.
Mit besten Grüßen

Horst Gehring

Quelle: Horst Gehring