Foto: H.S.
01.11.2018 - von Hanne Schweitzer
Die belgische Stadt Ypern gehörte im 1. Weltkrieg zu den blutigsten und tödlichsten Kriegsschauplätzen. Nach vier Jahren Krieg war in der Stadt kein Stein mehr auf dem anderen, 600.000 Soldaten starben während des vierjährigen Krieges allein in Belgien. Angehörige der Gefallenen aus der ganzen Welt besuchen die ehemaligen Schlachtfelder. Deutsche sieht man selten. Weder im Flandern Fields Museum das, komplett rekonstruiert, wie die ganze Stadt, in den früheren Tuchhallen untergebracht ist, noch begegnet man ihnen in der Landart-Installation des Künstlers Koen Vanmechelen: "ComingWorldRememberMe", "Kommende Welt, erinnere dich an mich".
600.000 kleine Tonfiguren hat er in den vergangenen vier Jahren von sehr sehr vielen Freiwilligen in Workshops in Belgien, Frankreich, Kanada und auch in deutschen Schulen formen lassen. In jede dieser 600.000 Skulpturen ist eine Metallmarke eingearbeitet, die aber nicht zu sehen ist. Darauf wurde der Name des Gestorbenen und der Name des Lebenden eingraviert, der die Figur hergestellt hat.
Mehr als 4.000 Freiwilligen haben die 600.000 kleinen Skulpturen im Winter 2018 auf einer zwei Hektar großen Wiese aufgestellt, die früher eines der bestbewachten Stücke Niemandsland in der Nähe von Ypern war. Ringsum Frontlinien und Schlachtfelder. Schlachtfelder, auf denen die deutsche Armee im April 1915 zum ersten Mal Chlorgas einsetzte, 150 Tonnen, um die Franzosen mitsamt ihren Soldaten aus den Kolonien effektiver fertig zu machen.
Rücken an Rücken, dicht an dicht stehen die Figuren. Für jeden Toten eine. Kein Alter, keine Staatsangehörigkeit, kein Familienstand. Nur die mehr oder weniger gekrümmten Rücken. Einer neben dem anderen. Entindividualisiert. Masse. Keine Gesichter, keine Namen. Aber unsichtbar vorhanden: Die Marke mit dem Namen des Toten und dem Namen des Lebenden.
Der Aufbau der 600.000 Figuren hat zwei Monate gedauert.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 11.11.2018. Danach werden die Tonfiguren abgeräumt. Auch das erledigen Freiwillige.
Auftraggeber des Projekts war die Provinz Westflandern.
Vanmechelen ist es mit seinem Landart-Projekt zum "Großen Krieg" gelungen, ungewöhnlich viele Leute mit dem Thema Krieg und Frieden, Vergangenheit und Gegenwart zu konfrontieren. Sein Ziel war es aber auch, die mit dem Formen der Tonfiguren verbundenen weltweiten Patenschaften zu nutzen, um Kinder zu unterstützen, die heute als Folge von Kriegen körperlich und seelisch leiden. Die Unterstützung wird organisiert von der Nord-Süd-Bewegung der Provinz Ostflandern und von der „The Cosmogolem Foundation“ des Künstlers.
Ausstellungsort: Provinzdomäne De Palingbeek: Palingbeekstraat - 8902 Zillebeke/Ypern (nicht leicht zu finden).
Webseite Comingworldrememberme: Link
Tourismus Ypern: Link
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