Diskriminierung melden
Suchen:

Koblenz: Stadtrat fordert Landesregierung einstimmig zum Handeln gegen Altersdiskriminierung auf

Foto: H.S.

11.10.2018

Der Rat der Stadt hat am 27. 9. 2018 einen vom Seniorenbeirat vorgelegten Beschlussvorschlag für eine Entschließung gegen starre Altersgrenzen im Ehrenamt und für ein Altersdiskriminierungsverbot im Grundgesetz einstimmig (!) angenommen. Im Stadtrat sind Linke, SPD, Bündnis90/Grüne, CDU, FDP, AFD, BIZ (jetzt: Freie Wähler) und FBG (Freie Bürgergruppe) vertreten.

„Die Zahl der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, hat sich in unserer Gesellschaft seit 1871 verzehnfacht: Heute sind das allein schon über 21 % der Bevölkerung, und nie zuvor waren – nach den Worten der Bundesministerin Giffey - so viele Ältere so gesund, so gut ausgebildet und so engagiert wie heute; sie tragen mehrheitlich in unserer Gesellschaft die Last des Ehrenamtes (Bundespräsident Steinmeier). Da ist es doch völlig sinnlos, dass jemand, der eben noch mit 69 ein Ehrenamt übernehmen durfte, von seinem 70. Geburtstag einen Tag später an dafür als ungeeignet gelten soll“ - mit diesen Worten leitete der Vorsitzende des Seniorenbeirates, Prof. Dr. Heinz-Günther Borck, seine Erläuterungen zum Entschließungsantrag ein. Nur persönliche Eignung, nicht kalendarisches Alter solle für die Übernahme von Ehrenämtern maßgebend sein. Borck hielt die Altersgrenze für nicht vereinbar mit dem Willkürverbot von Grundgesetz und Landesverfassung und erinnerte daran, dass Koblenz als eine der ersten Städte Deutschlands bereits 1975 die Beschäftigung mit dem demografischen Wandel (wachsender Anteil Älterer an der Bevölkerung) als kommunale Aufgabe angesehen hat.

Da sich auch Stadtvorstand und sämtliche Redner der Ratsfraktionen für die Entschließung aussprachen, wurde sie einstimmig angenommen.
Der Rat der Stadt Koblenz bittet die Landesregierung, darauf hinzuwirken, dass starre Altershöchstgrenzen im Ehrenamtsbereich abgeschafft werden.

Nur fehlende Eignung, nicht willkürlich festgesetztes kalendarisches Alter kann im Blick auf Art. 1-3 GG und Art. 17 Verf.RP und die daraus folgenden Willkür- und Diskriminierungsverbote Ausschlussgrund sein. Starre Altersgrenzen schließen angesichts der aktuellen demografischen Entwicklung wachsende Teile der Bevölkerung von der Wahrnehmung von Ehrenämtern sachgrundlos aus: Das erschwert den kommunalen Selbstverwaltungsorganen die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und spaltet die Gesellschaft.
Grundsätzlich sollte Art. 3(3) GG um ein Verbot der Altersdiskriminierung ergänzt und damit eine Angleichung an die Art. 21 und 25 der Charta der Grundrechte der EU vollzogen werden.

Die Entschließung soll der Landesregierung mit der Bitte zugehen, sich für die Beseitigung noch bestehender starrer Altersgrenzen im Ehrenamt einzusetzen; auch die Koblenzer Landtags- und Bundestagsabgeordneten sollen um ihre Mitwirkung gebeten werden.

Erstmals überhaupt hat ein kommunales Selbstverwaltungsorgan eine derartige Entschließung angenommen und somit einen Meilenstein gesetzt auf dem Weg zum Altersdiskriminierungsverbot. Der Seniorenbeirat hofft auf politische Entscheidungen, die die von der EU 2012 geforderte demokratische Teilhabe auch älterer Menschen an den gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen verfassungsrechtlich absichern, entgegenstehende Hindernisse beseitigen und so einer Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken.

Presseinformation
Stadt Koblenz - Seniorenbeirat
An der Liebfrauenkirche 18
56068 Koblenz
Prof. Dr. Heinz-Günther Borck
Vorsitzender
Link

Link: Stadtrat in Koblenz beschließt Schöffenvorschlagsliste mit Senioren
Quelle: Seniorenbeirat Koblenz, 27.9.2018