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Direktversicherungen: Wie bei VW wurden Arglosigkeit + Vertrauen der Bürger gezielt ausgenutzt

Foto: H.S.

10.06.2020 - von Horst Debusmann

"Abgas-Skandal bei VW versus Direktversicherung beim GMG" hieß ein Beitrag auf dieser Webseite am 11.10.2015.*
Fünf Jahre danach ...
Am 25.05.2020 fällt der BGH ein wegweisendes BGH-Urteil zum VW-Abgas-Skandal**. Erneut gilt: Das Urteil des Bundesgerichtshofs, „Arglistige Täuschung und sittenwidriges Verhalten“, ist 1:1 auf Direktversicherungen übertragbar.

Für Betroffene kann es die letzte, m.E. erfolgversprechende Chance sein, das Blatt doch noch zu wenden. Auch wir Direktversicherungsgeschädigten wurden arglistig getäuscht und mit sittenwidrigem Verhalten konfrontiert. Ein Skandal gleicher Größenordnung, bestehend seit 2004.

Gemeinsam sind den VW-Unternehmen und dem Staat die TÄUSCHUNG
Bei VW haben Käufer im Vertrauen auf vollmundige Versprechungen für eine saubere Umwelt freiwillig mehr Geld als üblich bezahlt, bei der Direktversicherung haben Arbeitnehmer im Vertrauen auf eine ergänzende, selbstfinanzierte Altersvorsorge (… die Rente reicht nicht, hier Plünderung der Rentenkassen mit versicherungsfremden Leistungen seit Konrad Adenauer) freiwillig auf einen Teil ihres Gehaltes, damit auf Konsum zu Lasten der Familie verzichtet.

Zum Abgas-Skandal heißt es im Urteil des BGH: „VW muss Dieselkunden Schadensersatz zahlen“. Das Verhalten von VW sei „objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren“, meinte der Vorsitzende Richter Stephan Seiters. „Damit habe der Konzern über lange Jahre systematisch getäuscht auf Basis einer grundlegenden strategischen Entscheidung. Gegenüber den Käufern sei das besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren. Ihre Arglosigkeit und ihr Vertrauen seien gezielt ausgenutzt worden“.

Die Fahrzeuge wurden mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf den Markt gebracht, das Vorgehen verstoße gegen „die Mindestanforderungen im Rechts- und Geschäftsverkehr“. Auch gehen die BGH-Richter davon aus, „dass der Mann das Auto nie gekauft hätte, wenn er von der illegalen Technik gewusst hätte. Sein Schaden liege darin, dass er ein Auto bekommen habe, das für seine Zwecke nicht voll brauchbar war. Es sei letztlich vom Zufall abhängig gewesen, ob der Mangel aufgedeckt werde. Das von VW später angebotene Software-Update beseitigt aus Sicht der Richter das Problem nicht. Der Schaden liegt im ungewollten Vertragsabschluss, sei also schon beim Kauf entstanden!“

Das BGH nennt folgende maßgebliche Vorschriften:
§ 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB):
„Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.“

§ 31 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB):
„Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.“


Die vom BGH genannten Argumente sind 1:1 auf unsere Direktversicherungen übertragbar.
– Das Gericht stellt „Betrug bei VW fest, VW hat getrickst“. Wie der Gesetzgeber, der bei privater Altersvorsorge mit steuerlichen Anreizen (Pauschalsteuer) „erst anlockt, dann abzockt“. Wird, wie bei VW im Nachhinein, zur „hinterhältigen Falle“, die von ihm empfohlene Direktversicherung entpuppt sich als unzulässige „Mogelpackung“. Also Betrug, weil in gegen die guten Sitten verstoßenden Weise anderen vorsätzlich Schaden zugefügt wurde.

– Die „zugesicherten Eigenschaften“ mit einmaliger Kapitalleistung (Rentenwahlrecht war von vornherein ausgeschlossen) waren bei Altverträgen „Beitragsfreiheit zur GKV“ und nicht das „Abkassieren“. Somit ist die vom Gesetzgeber empfohlene private Altersversorgung eine Scheinlösung und unbrauchbar.

– Der Gesetzgeber hat bei uns ebenfalls „gezielt getäuscht“ (man hatte keine andere Idee). Ohne die Betroffenen zu informieren, änderte er für bestehende Verträge einseitig die Spielregeln (auch noch rückwirkend) und stellt die viele Jahre sparenden Bürger nach der Kapitalauszahlung vor vollendete Tatsachen. Anders als im Vertrag vereinbart, also vertragswidrig, werden uns willkürlich ca. 20% unserer Ersparnisse wieder abgenommen. Das ist Altersvorsorge pervers, Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit werden nachhaltig verspielt.

– Die mit dem GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz vorgenommenen Minimalkorrekturen beseitigen aus Sicht der um ihre Ersparnisse betrogenen Bürger das Problem nicht. „Der Schaden liegt im ungewollten Vertragsabschluss, er ist bereits bei Unterschrift entstanden!“ Die Direktversicherung ist Kapitalvernichtung statt ergänzender Altersvorsorge.

– Wir wurden vom Gesetzgeber über viele Jahre „systematisch getäuscht auf der Basis seiner grundlegenden strategischen Entscheidung, marode Krankenkassen zu sanieren“. Gegenüber uns arglosen Käufern einer Lebensversicherung besonders verwerflich (Sonderopfer) und mit „den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren“. Wir hätten das Produkt „Direktversicherung“ nie gekauft, wenn wir gewusst hätten, dass die „zugesicherten Eigenschaften“ nicht stimmen. Unsere Arglosigkeit und Vertrauen wurden „gezielt ausgenutzt.“


Richterliche Zusammenfassung, deren Begründungen 1:1 auf Direktversicherungen übertragbar sind:
Die Direktversicherungsgeschädigten sind, veranlasst durch das einer arglistigen Täuschung gleichstehende sittenwidrige Verhalten der gesetzlichen Krankenkassen mit Billigung des Gesetzgebers, eine ungewollte vertragliche Verpflichtung eingegangen. Darin liegt unser Schaden, weil wir eine privat finanzierte Altersversorgung erhalten, die für unsere Zwecke nicht voll brauchbar ist.

Deshalb ist auch für unsere Direktversicherung Schadenersatz fällig. Die bisherige Verweigerung hat die dafür verantwortlichen Parteien bei den LT- und BT-Wahlen historisch viele Wählerstimmen gekostet, den VW-Konzern fast 50 Milliarden Euro an Strafzahlungen und damit für den Staat auch weniger Steuereinnahmen. Der Staat, also die Steuerzahler sollen aber erneut dem Ruf von VW folgen und wegen der Corona-Krise mit Milliarden Euro „helfen“.

Ein Affront. Für Direktversicherungs-Geschädigte ist seit 16 Jahren „angeblich“ kein Geld für die Rückzahlung unserer Zwangsbeiträge vorhanden, Corona-Hilfen summieren sich inzwischen auf fast zwei Billionen (2.000.000.000.000) Euro. Mit der aktuellen Initiative von Deutschland und Frankreich „Wiederaufbaufond von 500 Milliarden“ werden Zuschüsse sogar als „Geschenk“ (keine Kredite) für stark betroffene Staaten als „außergewöhnliche Kraftanstrengung“ geplant. Und das zusätzlich zu den bereits bisher gewährten Kredithilfen von bis zu 540 Milliarden Euro. Weitere sind im Gespräch.

Diese außergewöhnliche Kraftanstrengung wird den Direktversicherten, die dem Staat „durch Eigenvorsorge“ nicht zur Last fallen wollten, bis heute jedoch verwehrt. Eine Logik, die kein vernünftig denkender Mensch nachvollziehen kann. Statt Dankbarkeit – Bestrafung, Wertefundamente werden nachhaltig zerstört. Der Gesetzgeber hat sich einen Bärendienst erwiesen, der Protest der Betroffenen wirkt noch viele Jahre, die negativen Erfahrungen „mit staatlichen Empfehlungen“ werden weitergegeben.

Zum BGH-Urteil titelt die Presse „Heute haben wir Geschichte geschrieben". Die Geschichte der Direktversicherungs-Geschädigten beginnt im Jahr 2004, sie braucht die längst überfällige Lösung (auch für Altverträge). Nur dann gelten Bestands- und Vertrauensschutz sowie Vertragstreue in unserem Rechtsstaat noch etwas.

Das zu begreifen sind aufgerufen die Sozialgerichte, das Bundesverfassungsgericht, der Gesetzgeber, die Sozialverbände und Gewerkschaften.


* Abgasskandal bei VW versus Direktversicherung beim GMG
Link

** Pressemitteilung zum Urteil des BGH:
Link

Quelle: Horst Debusmann