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Birkwald fragt Merkel zur Altersvorsorge und Pieper fragt Birkwald

Foto: H.S.

19.12.2020 - von Bernhard Pieper

Bei der Befragung der Bundesregierung am 16.12.2020 erkundigten sich die ParlamentarierInnen nicht nur nach der "Genehmigung für den Export von Raketenwerfern des Typs "RGW 60 Heat" nach Mexiko", oder nach der "Listung von Personen unter dem neuen EU- Menschenrechtssanktionsregime", oder nach den "Kosten der Abholung eines führenden Mitglieds der Weißhelme durch die Flugbereitschaft der Bundeswehr", oder nach dem "Schutz des Gesundheitspersonals durch partikelfiltrierende Halbmasken". Der rentenpolitische Sprecher der LINKEN, Matthias W. Birkwald stellte der Bundeskanzlerin eine Frage zur privaten Altersvorsorge.

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, ich habe eine Frage zur Altersvorsorge an Sie. In der vergangenen Sitzungswoche wurde eine Studie der Bürgerbewegung Finanzwende veröffentlicht. Nach dieser Studie wird nahezu jeder vierte in einen Riester-Vertrag eingezahlte Euro zur Deckung der Kosten aufgewendet, fließt also in die Kassen der Versicherungsunternehmen und eben nicht in die eigene Altersvorsorge. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Welchen Altersvorsorgemix würden Sie denn angesichts von fast 25 Prozent Kosten einer durchschnittlich verdienenden 30-jäh-rigen Frau heute empfehlen?(Beifall bei der LINKEN)Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin:Ich glaube, dass wir nach wie vor eine Pflicht haben, diese Riester-Vorsorge noch weiter zu reformieren. Ich halte sie aber nicht für falsch. Es ist richtig, dass wir als Staat steuerliche Unterstützung geben. Ich weiß nicht, ob steuerliche Unterstützung allein ausreicht; es gibt eine Menge Menschen, die keine Steuern zahlen. Deshalb muss hier sicherlich der Zuschussgedanke gestärkt werden. Aber die Säule der privaten Vorsorge halte ich für richtig und wichtig. Die Garantie, die die Riester-Rente gibt – dass man das, was man einzahlt, auch wieder herausbekommt –, ist sicherlich kein Effizienzförderer. Sie ist aber eine Sicherheit für Menschen. Deshalb möchte ich das Instrument nicht verwerfen, aber weiterentwickeln. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:
Danke sehr. – Nachfrage?

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):
Ja. – Also, Frau Bundeskanzlerin, das überzeugt mich nicht. Ich würde sagen, Ihre Bundesregierung vergeudet ungeachtet der Ineffizienz der Riester-Rente weiterhin Ressourcen ohne Ende, um das gescheiterte Projekt „Riester-Rente“, (Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]) von dem fast ausschließlich die Versicherungswirtschaft profitiert, um jeden Preis am Leben zu erhalten. Das hörte sich gerade – mit Verlaub – ein bisschen so an.

Meine Frage: Wäre es nicht viel besser, dass alle Versicherten freiwillige Zusatzbeiträge auf ihr persönliches Konto bei der gesetzlichen Rentenversicherung einzahlen könnten? Denn bei der gesetzlichen Rentenversicherung ist das Geld der Bürgerinnen und Bürger ja sicher, sehr kostenarm und gut aufgehoben (Beifall bei der LINKEN)

Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
Das kann ich jetzt, wo Sie das so vorschlagen, nicht sofort berechnen. Ich meine, die Deutsche Rentenversicherung ist jetzt auch kein Ein-Mann-Betrieb. Deshalb müsste ich mir die Kosten angucken.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: 1,2 Prozent im Schnitt!)

Es geht um die Frage – da gebe ich Ihnen recht –, wie wir effizient und mit einem hohen Maß an Sicherheit für die Einzahlenden einen zusätzlichen privaten Vorsorgemechanismus implementieren. – Haben Sie Ihr Modell mit der gesetzlichen Rentenversicherung, bei der man einzahlt, schriftlich niedergelegt? Dann würde mich das interessieren.

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):
Ja, es gibt mehrere Möglichkeiten im SGB VI: § 187a SGB VI, § 207 SGB VI und § 7 SGB VI.(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
Na, dann ist doch schon alles gut.
Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):
Nein, es muss da gefördert werden und eben nicht über Riester, weil das ineffizient ist.

Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
Also Sie möchten, dass bestehende Artikel in der gesetzlichen Rentenversicherung durch staatliche Förderung attraktiver gemacht werden.

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):
Ja.(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
Mit der Sache werde ich mich beschäftigen.

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin. (Beifall bei der LINKEN).

Zitiert nach: Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 201.Sitzung Berlin, Mittwoch, den 16. Dezember 2020. Plenarprotokoll Seite 25208 + 9 Link


FRAGE AN MATTHIAS W. BIRKWALD VON BERNHARD PIEPER BEZÜGLICH DER SOZIALE SICHERUNG AM 17.12.2020 10.39 VIA ABGEORDNETENWATCH

Sehr geehrter Herr Birkwald!

Mit Interesse habe ich am 16.12.2020 die Befragung der Bundesregierung (vertreten durch die Bundeskanzlerin) im TV verfolgt, wo Sie Frau Merkel bzgl. der Verwaltungskosten einer Riesterrente befragten und dabei folgende Behauptung äußerten (einkopiert), die mich total irritierte:

"Wäre es nicht viel besser, dass alle Versicherten freiwillige Zusatzbeiträge auf ihr persönliches Konto bei der gesetzlichen Rentenversicherung einzahlen könnten? Denn bei der gesetzlichen Rentenversicherung ist das Geld der Bürgerinnen und Bürger ja sicher, sehr kostenarm und gut aufgehoben."

Dazu meine Frage:
Wie kommen Sie zu der Behauptung, daß das Geld bei der Rentenversicherung sicher wäre? Müsste es nicht richtigerweise lauten, wenn die Einzahlungen der BürgerInnen bei der Gesetzlichen Rentenversicherung tatsächlich sicher wären (vor den Regierenden), dann bräuchten vermutlich nur die Wenigsten in diesem Land eine zusätzliche private Altersvorsorge?

Ist es nicht tatsächlich so, dass seit Jahrzehnten die Bundeszuschüsse für versicherungsfremde Leitungen permanent zu gering waren, obwohl propagandistisch von den Regierungen immer Anderes behauptet wurde? (Siehe dazu die Pressemitteilung DRV Bund v. 27.06.2019, Annelie Buntenbach zur Finanzentwicklung in der Rentenversicherung Link: ...Jüngste Berechnungen hätten gezeigt, dass derzeit eine jährliche Unterdeckung nicht beitragsgedeckter Leistungen durch den Bund in Höhe von 30 Milliarden Euro bestehe. ...

Wie kommen Sie also zu der Aussage, daß Einzahlungen bei der DRV sicher und gut aufgehoben wären?

Über eine aussagekräftige Antwort würde ich mich sehr freuen! Bleiben Sie gesund!

Mit freundlichen Grüßen

Am 7.21.2021 antwortet Herr Birkwald Herrn Pieper ausführlich via Abgeordnetenwatch unter: Link

Quelle: Mail an die Redaktion