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Wohnungsbau in Köln: Nur 2.000 Wohnungen gebaut!! Baulückenschliessung bringt nichts!

Foto: H.S.

14.06.2021 - von K2A2 und Hanne Schweitzer

Im vergangenen Jahr sind in Köln so wenige Wohnungen gebaut worden, wie noch nie in den vergangenen zehn Jahren! Lediglich 2.000 Wohnungen in der Millionenstadt sind neu. Dabei hat die Stadt sich vor vier Jahren mit Vertretern der Wohnungswirtschaft in einem „Wohnbündnis“ dazu verpflichtet, 6000 Wohneinheiten jährlich zu errichten. So viele sind nach Ansicht der Experten nötig, um mit dem steigenden Bedarf an Wohnen Schritt zu halten. Bei der von dem Bündnis gesetzten Zielmarke handelte es sich laut Aussage der Stadtverwaltung um einen „wohnungspolitischen Meilenstein“.

Seitdem er gesetzt wurde, ging es bergab. Während 2018 noch knapp 4000 Wohnungen errichtet wurden, waren es 2019 nur noch rund 2200 und im Jahr 2020 wieder 200 weniger. Laut Kölner Stadtanzeiger sieht die Stadtverwaltung die Verantwortung allerdings nicht bei sich selbst: Baudezernent Greitemann wird mit der Aussage zitiert, dass die erteilten Baugenehmigungen gegenüber dem Vorjahr um 35 Prozent zugenommen hätten. Als Grund für die geringe Zahl an neu gebauten Wohnungen verweist er auf den „höchsten Bauüberhang seit mehr als 20 Jahren“. Dabei handelt es sich um bereits von der Stadt genehmigte, aber noch nicht realisierte Bauvorhaben. Für den Überhang seien Schwierigkeiten verantwortlich, mit der die Bauwirtschaft kämpft.

Der Einschätzung des Baudezernenten widersprechen Experten der Wohnungswirtschaft, wie beispielsweise Martin Frysch, Geschäftsführer der Wohnungsgenossenschaft Köln-Sülz. Er begründet den Bauüberhang mit der langen Bearbeitungszeit von Bauanträgen in Köln. Sie läge im Schnitt bei 15 Monaten (zum Vergleich: in Hamburg 3 Monate). Aufgrund dieser Zeit würden Wohnungsbauunternehmen in Köln erst dann andere Unternehmen beauftragen, wenn die Baugenehmigung tatsächlich vorläge. Bereits Aufträge zu erteilen und dann so lange zu warten, sei wirtschaftlich nicht tragbar.
Das neue Ratsbündnis aus CDU, Volt und Grünen möchte Abhilfe schaffen und das Personal beim Bauaufsichtsamt weiter aufstocken, um das Baugenehmigungsverfahren zu beschleunigen.

Auch der Kölner Stadt-Anzeiger sieht das lange Warten auf die Baugenehmigungen als Grund für die geringe Zahl an neu gebauten Wohnungen. Der Verweis auf den Bauüberhang sei ein Ablenkungsmanöver. Die Bauanträge müssten schneller genehmigt, die digitale Bauakte endlich eingeführt werden. Der Autor kritisiert zudem die Politik: Sie sei bei der Ausweisung von neuen Bauflächen viel zu zögerlich.

Einen solchen weiteren „Fraß“, an den Freiflächen in der Stadt sehen allerdings Umweltschützer und Umweltverbände, wie der BUND, kritisch. Sie möchten weitere Versiegelungen des Stadtgebiets vermeiden und verweisen auf das Potenzial, das die Baulücken im Stadtbild für den Wohnungsbau bieten. Um dieses auszuschöpfen, müsse die Stadt das Baulückenprogramm überarbeiten und müssten die Rahmenbedingungen für die Schließungen der Lücken geändert werden.


Das Schließen der Baulücken lindert die Wohnungsnot nicht
Wenn der BUND auf die Baulückenschließung als Lösung des Wohnungsmangels in Köln verweist, ist das allenfalls gut gemeint. Die Baulückendiskussion* in Köln lässt sich mindestens zurückverfolgen bis zur Gemeindegebietsreform 1975 und der damit verbundenen stadtentwicklungspolitischen Wende. Nicht mehr raumgreifend nach Wesseling oder in die Vorstädte, sondern nach innen, auf das jahrzehntelang vernachlässigte Zentrum sollte sich nun der Blick richten. 1982 beschließt der Kölner Rat "Richtlinien über die Vergabe städtischer Darlehen und Zuschüsse zur Schließung von Baulücken", wie die Trümmergrundstücke im ursachenignorierenden Verwaltungsdeutsch genannt werden.

Die Stadtsparkasse räumt bauwilligen Lückenbesitzern Darlehen ein, die um einen Prozentpunkt unter dem jeweiligen Marktzins liegen, die Wohnungsbaufördermaßnahmen des Landes sollen vorrangig im Baulückenprogramm Verwendung finden. Die Enteignungs- und Baugebotsparagrafen dienen der Projektgruppe als Sicherheit in der rechtlichen Hinterhand.
Die hohe Zeit der Stadtsanierer und Erneuerer bricht an.

Die wenigen Lücken, die seitdem meist aus bodenmarktpolitischen Gründen noch immer spekulativ vorbehalten worden sind, werden im Falle ihrer Bebauung NICHTS an der Kölner Wohnungsnot ändern. Allenfalls steigt die Zahl "aussergewöhnlicher" Wohnungsangebote mit außergewöhnlichen Kauf- oder Mietpreisen.

Die Verantwortlichen ignorieren, welcher soziale Sprengsatz im Wohnungsmangel und den durch die Knappheit dieser Ware verursachten Mietpreisen enthalten ist.
Hanne Schweitzer


* Trümmerblüten - Provisorien, Ruinen und Kriegsreste in Köln
fotografiert von Horst Schmeck und Irene Aretz. Mit Beiträgen von Augustus Hofmann, Dr. Hiltrud Kier, Marianne Kolarik, Dr. Reinhold Misselbeck, Dr. Werner Schäfke, Renate Schmidt, Hanne Schweitzer.
Hafen Verlag, ISBN 3-926 731 303

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Hilfe, unsere Wohnung wird zur Beute. So entstehen Horror- Geister_ und Ekelhäuser: Siehe Gewerkschaftsforum.de unter: Link

Quelle: K2A2, Hanne Schweitzer