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BGH verhandelt über Altersdiskriminierung von Notaren

Foto: H.S.

14.08.2023 - von Hanne Schweitzer

In der Bundesrepublik gibt es zur Zeit ca. 1.500 hauptberufliche Notarinnen und Notare und 5.600 Anwaltsnotarinnen und -notare. Ist die Altersdiskriminierung von Notaren, die spätestens in dem Monat aus dem Amt scheiden müssen, in dem sie 70 werden, gerechtfertigt? Darüber verhandelt der Bundesgerichtshof.

Geklagt hatte ein Notar aus Nordrhein-Westfalen, der nach seinem 70. Geburtstag weiter arbeiten möchte. Er macht geltend, dass die Regelung gegen das europäische Verbot der Altersdiskriminierung verstoße. Weil es Nachwuchsmangel in dem Beruf gebe, sei die Altersgrenze nicht mehr "objektiv und angemessen" und auch nicht "durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt", wie es im AG heißt.

Vor dem Oberlandesgericht Köln hatte seine Klage keinen Erfolg. Nun soll der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs (BGH) entscheiden. Der Kläger bezieht sich allerdings nicht auf das AGG oder die Arbeitsrichtlinie der EU sondern auf einen Verstoß gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Er sieht sich darin durch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union von 2021 bestätigt. Darin ging es um die Altersgrenze für den Zugang zum Notarsberuf in Italien. Der EuGH entschied am
3.6.2021, das die Altersgrenze unionsrechtswidrig ist.

"1. Die italienische Regelung über eine Altersgrenze von 50 Jahren für die Zulassung zum Auswahlverfahren für den Zugang zum Notarsberuf widerspricht dem Unionsrecht, da sie kein zulässiges Ziel zu verfolgen scheint. Ein zulässiges Ziel zur Festlegung einer solchen Altersgrenze wären die Gewährleistung, dass der Beruf zur Erhaltung der Tragfähigkeit des Sozialversicherungssystems (der Notare) während eines erheblichen Zeitraums vor dem Eintritt in den Ruhestand kontinuierlich ausgeübt wird. 2. Weiters in Frage kommen die Ziele der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Ausübung der notariellen Befugnisse auf Grundlage spezifischer Ausbildungserfordernisse oder der Erleichterung des Generationswechsels und der Verjüngung des Berufsstandes, wobei letzteres gegen das Erfordernis der Aufrechterhaltung der Teilnahme älterer Arbeitnehmer am Berufsleben abzuwägen ist."

Quelle: C-914/19