15.02.2024 - von Arbeitsgericht Mannheim
ArbG Mannheim 8. Kammer
Entscheidungsdatum: 15.02.2024
Aktenzeichen: 8 Ca 181/23
ECLI: ECLI:DE:ARBGMAN:2024:0215.8CA181.23.00
Dokumenttyp: Urteil
Quelle: juris Logo
Normen: § 75 Abs 1 BetrVG, § 87 Abs 1 Nr 10 BetrVG, Art 3 Abs 1 GG, § 15 Abs 1 AGG, § 7 Abs 1 AGG ... mehr
Dokumentreiter
Gleichbehandlungsgrundsatz - Entgelterhöhung - Strukturerhöhung - Inflationsausgleichsprämie - Arbeitszeitkonto - Vorruhestand - Altersdiskriminierung
Leitsatz
1. Es liegt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, wenn in einer Konzernbetriebsvereinbarung "Gehaltsrunde" bei Entgelterhöhungen einerseits nach aktiven Beschäftigten und andererseits nach solchen Beschäftigten differenziert wird, die sich in der Entnahmephase aus einem Arbeitszeitkonto im Rahmen eines Vorruhestandsprogramms befinden und aufgrund unwiderruflicher Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses keine Arbeitsleistung mehr erbringen. Bei dem in der Entnahmephase ausgezahlten Entgelt handelt es sich um die Gegenleistung für die bereits während der vergangenen Arbeitsphase erbrachte Arbeitsleistung. Eine Gehaltserhöhung für die Arbeitsleistung in vergangenen Zeiträumen ist aber gerade nicht mit einer Gehaltserhöhung für eine zukünftig zu erbringende Arbeitsleistung vergleichbar.(Rn.76)
2. Ist Bestandteil der Gehaltsrunde auch eine Einmalzahlung in Form einer Inflationsausgleichsprämie, hätte eine im Rahmen von § 3 Nr. 11c EStG unzulässige Zwecksetzung allenfalls den Wegfall der steuer- und abgabenrechtlichen Privilegierung zur Folge, würde aber nicht einer ansonsten zulässigen Differenzierung zwischen zwei Arbeitnehmergruppen arbeitsrechtlich entgegenstehen.(Rn.90)
Orientierungssatz
1. Es liegt keine unmittelbare Diskriminierung wegen Alters vor, wenn die Regelung in einer Konzernbetriebsvereinbarung "Gehaltsrunde" nicht ausdrücklich nach dem Erreichen eines bestimmten Alters unterscheidet und in keiner Weise unmittelbar an das Alter als Differenzierungskriterium anknüpft.(Rn.78)
2. Der Ausschluss von Mitarbeitern in der Entnahmephase des Vorruhestands führt auch dann nicht zu einer mittelbaren Altersdiskriminierung, wenn in der Konzernbetriebsvereinbarung auf eine Teilgruppe der Beschäftigten abgestellt wird, die nicht mit der anderen Beschäftigungsgruppe vergleichbar ist.(Rn.83)
3. Berufung eingelegt beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen 12 Sa 14/24.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die klagende Partei zu tragen.
3. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Randnummer1
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Gehaltserhöhung sowie einer Inflationsausgleichsprämie.
Randnummer2
Die Beklagte ist die deutsche Muttergesellschaft des S.-Konzerns, der im Bereich Softwareentwicklung tätig ist. Bei der Beklagten werden Arbeitszeitkonten dergestalt geführt, dass die Mitarbeitenden Anteile ihres Monatsgrundgehalts sowie Sonderzahlungen in Zeit umwandeln und auf ihr Konto gutschreiben lassen können. Bei den Zeitkonten handelt es sich um sogenannte Langzeitkonten i.S.d. § 7b SGB IV. Aus dem angesparten Guthaben können sich die Mitarbeitenden während der Betriebszugehörigkeit für einen längeren Zeitraum vollständig oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen. Der Wert des angesparten Guthabens entwickelt sich in der Aktivphase des Arbeitsverhältnisses weiter, sodass die Freistellung unter Nutzung des angesparten Stundenvolumens zu dem in diesem Zeitpunkt aktuellen Grundgehalt erfolgt. Dies hat zur Folge, dass sich das Wertguthaben in dem Umfang verzinst, in welchem das Gehalt der Mitarbeitenden während der Aktivphase weiter ansteigt.
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