Foto: Hartmut Jeromin
22.04.2025 - von German-Foreign-Policy
22.4.2025: Aus der Presseschau des DLF
Der wahrscheinlich neue Bundeskanzler Merz habe erkennbar keine Eignung, Deutschland in eine bessere Zukunft zu führen, meint das STRAUBINGER TAGBLATT. „Für alle Systeme, die heute nicht mehr ausreichend funktionieren – Krankheit, Pflege, Rente –, gibt es nicht annähernd unter einem Kanzler Merz eine politische Antwort. Das wird im Koalitionsvertrag buchstäblich ausgespart. Als die SPD am Ende der Koalitionsverhandlungen immerhin dann doch noch zur Sprache brachte, dass es in der Steuergesetzgebung Änderungen brauche, um diese Systeme besser zu finanzieren, reagierte Merz mit einem Tobsuchtsanfall. Soll das eine politische Antwort auf ein Problem sein?“, fragt das STRAUBINGER TAGBLATT.
21.4.2025: Mehrere deutsche Bundesländer treiben, um dem Schrumpfen ihrer Wirtschaftsleistung zu entkommen, den Ausbau der Rüstungsindustrie energisch voran
Baden-Württemberg etwa will die Branche zu einem neuen industriellen Schwerpunkt aufwerten und strebt dabei in möglichst vielen Rüstungssparten „Technologie-Führerschaft“ an. Die Regierung des Saarlands bereitet einen „Rüstungsgipfel“ vor und wirbt bei führenden Waffenschmieden um die Ansiedlung neuer Fabriken. Einer aktuellen Untersuchung zufolge konnten im vierten Quartal 2024 nur fünf Bundesländer ein Wirtschaftswachstum erzielen; in dreien von ihnen habe „der Aufschwung in der Rüstungsindustrie ... eine zentrale Rolle“ gespielt, heißt es in einer Analyse des Münchner ifo-Instituts. Die Hoffnung auf einen neuen Rüstungsaufschwung gründet sich darauf, dass in Deutschland und der EU bis zum Jahr 2030 bis zu einer Billion Euro zusätzlich in die Aufrüstung fließen sollen. Insider warnen, es sei unklar, ob die industriellen Kapazitäten sowie das verfügbare Personal ausreichten, um derlei Summen in konkrete Rüstungsproduktion umzusetzen. Hilfreich sei die Übernahme bisher ziviler Fabriken und Fachkräfte etwa aus der schwächelnden Kfz-Industrie.
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9.4.2025: In Hamburg wird Großmanöver geplant
Unter dem Namen "Red Storm Bravo" plant das Landeskommando Hamburg ein weiteres Großmanöver, dass Ende September in Hamburg stattfinden soll.
Im Falle eines russischen Angriffes würde Hamburg zu einem Drehkreuz für die Verlegung von NATO-Truppen an die Ostflanke des Bündnisses. Das Manöver soll ab dem 25. September angesetzt sein und wird planmäßig drei Tage lang rund um die Uhr andauern.
Johanna Urbancik für Euronews unter: Link
9.4.2025: Kriegsvorbereitungen
Ministerien, Politiker und die Bundeswehr drängen die zivile Bevölkerung der Bundesrepublik zu gezielten Vorbereitungen auf einen großen Krieg. Nach gängigen, womöglich deutlich zu niedrigen Schätzungen müssen pro Tag wohl mindestens tausend Verletzte von der neuen Ostfront nach Deutschland geholt und dort ärztlich versorgt werden. Das deutsche Gesundheitssystem sei nicht auf eine „Massenanzahl an Verwundeten“ vorbereitet, klagt ein Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen; das müsse sich ändern. Das Deutsche Rote Kreuz moniert, ihm fehlten geländegängige Einsatzwagen sowie „mobile Betreuungsmodule“, um bis zu 1,7 Millionen Hilfsbedürftige zu versorgen. Die EU-Kommission fordert die Bevölkerung auf, Notvorräte für drei Tage ohne Außenkontakt vorzuhalten; deutsche Behörden raten zur Bevorratung für bis zu zehn Tage. Methoden zum Selbstschutz im Krieg sollten verstärkt schon in der Schule erlernt werden, verlangt nun das Bundesinnenministerium. Der Reservistenverband, der bis zu 5.000 Tote pro Tag an einer neuen Ostfront für möglich hält, rät, die Bundeswehr auf bis zu 350.000 Soldaten sowie die Zahl der aktiven Reservisten auf „knapp eine Million“ aufzustocken. ...
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8.4.2025: Militärausgaben und Sozialabbau - Rüstung statt Rente - Kanonen statt Butter
aktualisierte Studie von Jürgen Wagner für IMI unter: Link
3.4.2025: IG Metall-Führung beschwört die nationale Einheit zugunsten der Aufrüstung
Am 15. März rief die IG Metall zum bundesweiten Aktionstag auf, an dem sich über 80.000 Beschäftigte aus den Reihen der IG Metall und der IG BCE beteiligten. Es ist damit die größte öffentliche Aktion der Gewerkschaft seit Jahrzehnten. ... In den vielfältigen Reden auf den Aktionstagen wird dabei mehrfach die nationale „Schicksalsgemeinschaft“ beschworen und von der deutschen Industrie als tragende Säule des Staates und des Landes gesprochen. ... Der Widerspruch von Aufrüstung und Arbeitnehmer:innen interessiert die IG Metall dabei noch nicht. Eher im Gegenteil: die IG-Metall-Führung feiert die Durchsetzung des „Investitionspakets“ in Höhe von 500 Milliarden als einen Erfolg und sieht den Beschluss auch als eine gemeinsame Errungenschaft des bundesweiten Aktionstages. Mit diesem hätten sie einen „grandiosen Weckruf“ nach Berlin gesendet, wo die Politik den Ernst der Lage erkannt habe. Für die Gewerkschaftsführung heißt die Rechnung an dieser Stelle klar: Aufrüstung gleich Arbeitsplätze. Wie 1914 geben damit auch die Gewerkschaftsführungen dem deutschen Imperialismus freie Bahn.
Zwar betonen sie in einem Instagram-Post, dass das Geld zielgerichtet eingesetzt werden muss, aber wie auch vielen Kommentatoren auffällt, stimmen sie mit ihrem Jubel trotzdem in den tosenden Applaus der Rüstungsindustrie ein und lassen sich vor den Karren der NATO spannen. Teilweise sprachlos, aber auch erbost äußerten sich die Beschäftigten über die Linie der Gewerkschaftsführung; die Angst vor Krieg, Inflation und Kürzungen gehörten zu den zentralen Kritikpunkten. Denn dass im Zweifelsfall nicht die Gewerkschaftsführung, sondern die normalen Arbeiter:innen an der Front stehen, wird auch den Beschäftigten klar sein...“
Lukas Fechner für Klasse gegen Klasse unter: Link
3.4.2025: DEUTSCHE Wehrhaftigkeit gebietet nukleare Rüstung
Eine führende deutsche Tageszeitung plädiert, um die nukleare Aufrüstung der Bundesrepublik zu ermöglichen, für einen „Ausstieg aus dem Zwei-plus-vier-Vertrag“. „Deutsche Wehrhaftigkeit gebiete“ dies, heißt es in einem Leitkommentar der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der dabei Bezug auf die Tatsache nimmt, dass der Vertrag Berlin nicht nur die Beschaffung von ABC-Waffen untersagt, sondern auch die Aufstockung des Personalbestandes der Bundeswehr auf mehr als 370.000 Soldaten. Das Plädoyer erfolgt, während Experten bestätigen, die Bundesrepublik sei technologisch fraglos in der Lage, Atombomben und nuklear bestückbare Marschflugkörper zu bauen. Unklar sei lediglich, wo man die unumgänglichen Atomtests durchführen könne. Manche weisen darauf hin, dass der ebenfalls erforderliche Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag weitreichende globale Folgen haben könne; nicht nur Iran und Saudi-Arabien, auch Südkorea und Polen dächten in diesen Tagen über eine nukleare Aufrüstung nach. Umfragen zeigen, dass die Zustimmung der Bevölkerung zunimmt, aber bisher noch in der Minderheit ist. Aus der Bundeswehr heißt es, man müsse „moralische Reflexe“, die dafür verantwortlich seien, überwinden.
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1.4.2025: A 20 - Autobahnbau zur NATO-Ostflanke
Ursula Trescher und Hermann König für IMI unter: Link
17.3.2025: Drohnenwall über der NATO-Ostflanke
Vor der heutigen Entscheidung des Bundestags über die komplette Entgrenzung von Schulden zur Hochrüstung der Bundeswehr legt die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) konkrete Vorschläge zu deren Bewaffnung vor. Wie es in einem Papier heißt, zu dessen Autoren DGAP-Präsident Thomas Enders gehört, sollen in Europa „mehrere zehntausend Kampfdrohnen“ beschafft werden, um einen „weiträumigen Drohnenwall[...] über der NATO-Ostflanke“ zu errichten. Zudem seien der „Aufbau einer souveränen Satellitenkonstellation“ und der „Aufbau einer großflächigen Unterwasserüberwachung“ insbesondere in der Ostsee nötig. Die Autoren des Papiers legen zudem großen Wert darauf, die Entwicklung von „autonomen Systemen und Robotik“ und von „Angewandter KI“ voranzutreiben. Dabei gelte es auf „souveräner innereuropäischer Beschaffung“ zu bestehen, um der derzeitigen Abhängigkeit von den USA, in die man etwa mit den Kampfjets des Typs F-35 geraten sei, zu entkommen. Auch bei Nuklearwaffen zielt das DGAP-Papier auf Eigenständigkeit gegenüber Washington und den entsprechenden Aufbau „europäischer“ Potenziale; diese sollten den US-Potenzialen „ähnlich“ sein.
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14.3.2025: Wie zu erwarten, machen die Grünen bei der Änderung des Grundgesetzes mit
Die Multimilliarden-Schulden werden aufgenommen ohne Limit und ohne zeitliche Begrenzung für
- Aufrüstung und Bewaffnung (hard power)
- Cybersicherheit (soft power)
- Zivil- und Bevölkerungsschutz.
Zwecks Investitionen in die Infrastruktur wird ein "Sondertopf" eingerichtet, der ebenfalls von der Schuldenbremse ausgenommen sein wird und aus Krediten von bis zu 500 Milliarden Euro bestehen soll.
100 Milliarden davon sollen an die Länder gehen. Noch einmal 100 Milliarden davon sollen für den Klimaschutz reserviert wwerden, was immer das heißt. Der Schuldentopf Infrastruktur soll "zwölf Jahre zur Verfügung stehen". Was heißt das? Einmal mit 500 Latschos gefüllt muss er 12 Jahre halten?
Der noch amtierende alte Bundestag soll sowohl die Schulden als auch die Grundgesetzänderung, was zusammen in der aktuellen Presseberichterstattung gern als "Paket" bezeichnet wird, am Dienstag, dem 18. März 2025 mit der 2/3 Mehrheit von CDU-, SPD- und Grünenabgeordneten beschließen. Danach soll der Bundesrat dem "Paket" zustimmen. Spätestens dann beginnt die offizielle Vorkriegszeit. > siehe dazu 15.+16.3.2024 "Operationsplan Deutschland" in: "Wir sollen werden: kriegstüchtig. Wir wollen aber nicht". Oder auch BILD-Zeitung vom 14.3.auf S.1.: "Rollen bei VW bald Panzer vom Band?
13.3.2025: »Was nützt die schönste Schuldenbremse, wenn der Russe vor der Tür steht?«
Jens Spahn, Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag
10.3.2025: „Wir sind Weltmacht“
Mit Blick auf die Gewaltpolitik der Trump-Administration nehmen in Deutschland die Forderungen nach einer eigenständigen Weltmachtrolle der EU zu. „Europa“ müsse seine „Ressourcen mobilisieren“, um die USA „als globalen Anführer zu ersetzen“, heißt es etwa in einer aktuellen Stellungnahme aus der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).
Berlin und Brüssel initiieren beispiellose Pläne, Deutschland und die EU mit Summen in hoher dreistelliger Milliardenhöhe hochzurüsten. Dabei müssten, wo irgend möglich, europäische statt US-amerikanische Waffen beschafft werden, heißt es auch in traditionell transatlantisch orientierten Medien: Einem Staat, der „über Nacht die Militärhilfe für einen Partner“ wie die Ukraine stoppe, „kann man nicht mehr vertrauen“. Mit der geballten Aufrüstung gehen Planungen einher, sämtliche Auslandsaktivitäten Berlins zu fokussieren und zu diesem Zweck das Entwicklungsministerium dem Auswärtigen Amt einzugliedern; von einem „Ministerium für deutsche Interessen“ ist die Rede. Die Schritte zielen darauf ab, ein altes Ziel der bundesdeutschen Außenpolitik zu realisieren: nämlich mit Hilfe der EU „auf Augenhöhe“ mit den USA zu gelangen.
Weiterlesen bei German Policy unter: Link
8.3.2025: Kursverschärfung: Militarisierung nach der Wahl
Es ist terminlich einigermaßen ungeschickt, wenn der Redaktionsschluss eines Magazins wie in diesem Fall kurz vor den Bundestagswahlen liegt. Da allerdings davon auszugehen ist, dass die nächste Bundesregierung unter einem CDU-Kanzler Friedrich Merz agieren wird, „lohnt“ sich ein kurzer Blick darauf, welche militärpolitischen Vorstellungen in der Union kursieren. Im Wesentlichen deutet dabei alles auf eine Art verschärfte Kontinuität hin: Die zentralen Projekte der Ampel-Regierung dürften in noch militarisierter Form fortgesetzt werden. CDU-Enquete: Langfristige Konfrontation ...
Weiterlesen bei Andreas Seifert/Jürgen Wagner in IMI-Magazin unter: Link
5.3.2025: Die SPD schafft sich ab
Die Schuldenbremse wird gekippt – aber nur für Rüstungsausgaben. Mit diesem Deal mit der Merz-CDU gibt sich die SPD endgültig auf.
Eines kann man Friedrich Merz nicht absprechen: Er hat wahrscheinlich seinen Machiavelli gelesen. Der berühmte Denker aus Florenz schrieb in seinem Buch Der Fürst, der Regent müsse Grausamkeiten, die er für nötig hält, direkt zu Beginn seiner Herrschaft verüben, während Wohltaten über den gesamten Zeitraum gestreckt verteilt werden sollten. Zynisch könne der Fürst auf das Vergessen der Menschen setzen. Diesen Zynismus kann man dieser Tage live und in Farbe beobachten.
Hatten die Unionsparteien vor der Bundestagswahl noch abenteuerlich behauptet, um die Ausgaben für Verteidigung zu erhöhen, stehe »nicht in erster Linie die Lockerung oder gar Aufhebung der Schuldenbremse im Raum«, sondern man werde »das ganze Bürgergeldsystem neu aufstellen« und mit dem vorhandenen Geld auskommen, fielen sie nach der Wahl schneller um als Kegel auf der Bowlingbahn. ...
Weiterlesen bei Alban Werner für Jacobin unter: Link
5.3.2025: Joseph Fischer und der deutsch-europäische Aufrüstungswahn
Stern: Herr Fischer, kann Deutschland führen?
Fischer: Wir werden führen müssen, allein wenn man unser Potenzial, unsere Bevölkerungsgröße und die geopolitische Lage bedenkt…
Zahlreiche Medien berichten aktuell über ein Interview, das der Stern mit dem ehemaligen deutschen Außenminister Joseph „Joschka“ Fischer geführt hat. Nur wenige Tage zuvor hatte der amtierende US-Präsident Trump vor der Weltöffentlichkeit den offenen Bruch mit dem amtierenden Präsidenten der Ukraine, Selenskyj inszeniert und unmittelbar daraufhin die deutsche Kommissionspräsidentin Von der Leyen ein 800 Mrd. schweres Aufrüstungsprogramm für die EU angekündigt. Zugleich wird in Deutschland darüber diskutiert, ob und wie der bereits abgewählte Bundestag die Verfassung noch ändern soll, um ebenfalls die Aufnahme von Schulden in dreistelliger Milliardenhöhe für die weitere Aufrüstung zu ermöglichen. Von einem „Schlafwandeln in den Krieg“ kann auch diesmal keine Rede sein.
Weiterlesen bei Christoph Marischka für IMI-Online unter: Link
5.3.2025: Aufrüstung ohne Limit
Die Unionsparteien und die SPD öffnen den Weg zu einer finanziell nicht mehr begrenzten Aufrüstung der Bundeswehr. Wie die künftigen Regierungsparteien am gestrigen Dienstag beschlossen, soll nicht nur ein 500 Milliarden Euro schweres Schuldenprogramm und die Instandsetzung maroder Infrastruktur in Deutschland ermöglichen, etwa militärisch wichtige Verkehrswege nach Osten.
Rüstungsausgaben, die ein Prozent der Wirtschaftsleistung übersteigen, werden in Zukunft von der Schuldenbremse ausgenommen sein. Damit können beliebig hohe Aufwendungen für die Bundeswehr getätigt werden. Der Schritt geht mit der Schaffung eines neuen EU-Aufrüstungsprogramms einher, das laut Kommissonspräsidentin Ursula von der Leyen bis zu 800 Milliarden Euro für die Beschaffung von Kriegsgerät in der EU mobilisiert. In einem Papier zur Aufrüstung heißt es, Berlin müsse ein „SPARTA“ genanntes Projekt initiieren, das europaweit „das unverzügliche Aufsetzen großer Rüstungsprogramme mit Fokus auf neuen Technologien und souveräner innereuropäischer Beschaffung“ forcieren soll. Beschleunigt wird all dies durch die Konfrontationspolitik der Vereinigten Staaten unter Präsident Trump.
Weiterlesen bei German-Foreign-Policy unter: Link
4.3.2025: Alles oder nichts
Berliner Regierungsberater und Außenpolitikexperten fordern von der nächsten Bundesregierung eine massive Aufstockung des Militärhaushalts, drastische Einschnitte bei den Sozialausgaben und eine energische Indoktrination („Mentalitätswandel“) der Bevölkerung. Die Forderungen finden sich in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Internationale Politik (IP), die von der einflussreichen Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) herausgegeben wird. Titelthema der Ausgabe ist die Frage, „was die Welt von Deutschland nach der Wahl erwartet“. In den Beiträgen heißt es etwa, die nächste Regierung müsse die deutsche Bevölkerung darauf vorbereiten, „dass Deutschland zur europäischen Führungsmacht wird, diplomatisch und militärisch“. Dazu gelte es „die Zeitenwende in den Köpfen zu verankern“. Ein Professor der Münchner Bundeswehr-Universität schlägt die Einführung eines „Verteidigungs-Soli“ von einem bis 1,5 Prozent der Einkommensteuer vor und droht, rüste Berlin die Bundeswehr nicht ausreichend auf, werde „Deutschlands Einfluss“ in der internationalen Politik „dauerhaft sinken“. Ein anderer Autor warnt, ein Zerfall der EU sei erstmals seit den 1950er Jahren ein „realistisches Szenario“.
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28.2.2025: Die Militarisierung der deutschen Politik
Mit Angstmache vor einem drohenden russischen Angriff wird versucht, die bundesdeutsche Gesellschaft "kriegstüchtig" zu machen. Was schon im Kalten Krieg eine Lüge wahr, wird wieder benutzt, um eine massive Aufrüstung zu rechtfertigen – wie damals im US-Interesse.
Von 1968 bis 1989 übte die NATO im zweijährigen Rhythmus auf Stabsebene – also ohne
Truppe – die Verteidigung gegen einen angenommenen Angriff der Warschauer
Vertragsorganisation (WVO) im Rahmen der WINTEX-Übungen. Denn der Sowjetunion
wurde nach 1945 unterstellt, sie wolle bis zum Atlantik vorstoßen, und dafür gelte es sich zu wappnen. Im Rahmen der „Gesamtverteidigung“ war die zivile Seite bis zur Ebene der
Landkreise in die Übungen eingebunden.
Das militärische Szenario, die Übungsgrundlage, sah im Prinzip stets gleich aus. Die
Sowjetunion und ihre Verbündeten griffen über das „Fulda Gap“ 1 an. Da die konventionellen
NATO-Streitkräfte zahlenmäßig unterlegen waren – eine zwei- bis dreifache Überlegenheit
der WVO lag der Übung zugrunde – und die US-amerikanischen Verstärkungen, deren
Waffen und Ausrüstung in Deutschland gelagert waren, noch nicht über eine Luftbrücke zum
militärischen Teil des Frankfurter Flughafens eingetroffen waren, konnten die eigenen
Truppen nur hinhaltend durch das „Verzögerungsgefecht“ 2 kämpfen. Schließlich endeten die
Übungen nach der allgemeinen Freigabe atomarer Waffen durch den US-amerikanischen
Präsidenten.
Dass die gesamte Öffentlichkeit vierzig Jahre hinters Licht geführt worden war, erfuhr die
Arbeitsgruppe Verteidigung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bei ihrem jährlichen
Routinebesuch der amerikanischen Kollegen im Kongress im Jahr 1988 im Rahmen eines
Vortrags im CIA-Hauptquartier in Langley. Das Fazit des Vortragenden lautete: Die
Sowjetunion sei nach 1945 in Osteuropa rein defensiv aufgestellt vor dem Hintergrund der
russischen historischen Erfahrungen mit Napoleon und Hitler. Und wörtlich: Ihr Vorgehen
diene allein dem Schutz von „Mütterchen Russland“. Willy Wimmer, damals
Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung, hat dies in seinem
2016 erschienenen Buch Die Akte Moskau 3 öffentlich gemacht, in dem er auch die panischen
Reaktionen des bundesdeutschen Generalinspekteurs schildert. Diese Erfahrung dürfte zu
Wimmers Vorschlag als Übungs-Verteidigungsminister in der letzten WINTEX-Übung an
Bundeskanzler Kohl geführt haben, Deutschland solle die Übung verlassen, als mit
Bundeswehr-Tornados Städte in der DDR und Osteuropa atomar angegriffen werden sollten.
Der Bundeskanzler stimmte zu.
Gibt es in den heutigen Regierungsparteien oder den künftigen Politiker mit einem
vergleichbaren Rückgrat? Die Frage beantwortet sich von selbst, wenn man sich die
bedingungslose Akzeptanz der US-Vormundschaft seitens der deutschen Politik vor Augen
führt, die es in diesem Ausmaß vor dem Ukraine-Krieg nicht gab. Diese Unterwerfung zum
eigenen Schaden auf ökonomischem, militärischem und diplomatischem Gebiet hat der US-
amerikanische Ökonom Michael Hudson mit dem Titel eines 2022 erschienenen Beitrags –
„America Defeats Germany for the Third Time in a Century“ 4 – auf den Punkt gebracht. Es
gibt Dutzende amerikanischer Strategiepapiere über die amerikanischen Ziele auf dem
eurasischen Kontinent, eines vom Wissenschaftlichen Dienst des US-Kongresses sei hier
dokumentiert. 5 Die Kernaussage lautet, das Ziel der US-Politik sei seit über hundert Jahren, einen anderen Hegemon auf dem eurasischen Kontinent zu verhindern. Die Strategiepapiere sind im Internet frei abrufbar.
Gleichwohl überbietet sich die EU mit Zustimmung Deutschlands mit ständig neuen, völkerrechtswidrigen Sanktionen gegen Russland, konfisziert in krimineller Weise Guthaben der russischen Zentralbank und will sie für den Wiederaufbau der Ukraine nutzen.
Inzwischen wurde das Märchen vom imperialistischen Russland neu aufgelegt. Wenn
Russland in der Ukraine militärisch siege, seien seine nächsten Ziele, die baltischen Staaten
und weitere Länder anzugreifen, die der NATO angehören. Deswegen müsse die Ukraine
bedingungslos unterstützt werden, denn sie verteidige unsere Freiheit und Demokratie. Dass
diese Neuauflage „Made in USA“ 6 der gezielten Einflussnahme auf die europäische Politik
und Öffentlichkeit dient und es nicht einen Hauch von Belegen für diese angeblichen
russischen Absichten gibt, wird hierzulande von Politik, Wissenschaftlern und Medien
ignoriert. Schlimmer noch, man gebärdet sich als Verstärker dieser Propaganda und
verleugnet deutsche und europäische Interessen, die bekanntlich nicht übereinstimmen, wie
Klaus von Dohnanyi in seinem jüngsten Buch schreibt. 7 Dass der russische Angriff auf die
Ukraine eine über dreißigjährige Vorgeschichte hat, in der die USA mit Unterstützung ihrer
westlichen Partnerstaaten die „hehre Kunst der Provokation“ 8 angewendet haben, bis es
Russland nicht länger bei Warnungen beließ, wird heuchlerisch ausgeklammert. Insofern
bezeichnet der französische Historiker Emmanuel Todd ihn als „defensiven Angriffskrieg“. 9
Inzwischen vergeht kaum ein Tag, an dem das Märchen über die Russland unterstellten
Absichten in Deutschland nicht medial weiterverbreitet wird. Dabei bedienen sich die
Mainstream-Presse und die Öffentlich-Rechtlichen ständig derselben transatlantisch
eingenordeten „Experten“, Politiker und Wissenschaftler. Hier nur einige Beispiele. So sagte NATO-Generalsekretär Mark Rutte am 12. Dezember 2024:
Mit all dem ist unsere Abschreckung gut – vorerst. Aber ich mache mir Sorgen um morgen.
Wir sind nicht bereit für das, was in vier bis fünf Jahren auf uns zukommt. Die Gefahr kommt mit voller Wucht auf uns zu. Wir dürfen nicht wegschauen. Wir müssen uns der Gefahr
stellen: Was in der Ukraine passiert, könnte auch hier passieren. Und unabhängig vom
Ausgang dieses Krieges werden wir in Zukunft nicht sicher sein, wenn wir nicht bereit sind, mit Gefahren umzugehen. Wir können das. Wir können den nächsten großen Krieg auf
NATO-Territorium verhindern. Und unsere Lebensweise bewahren. Dazu müssen wir alle
schneller und entschlossener handeln. 10
Der Chef des estnischen Geheimdienstes verkündete im Februar 2024:
Russland hat einen Weg eingeschlagen, der auf eine langfristige Konfrontation hinausläuft
[…] und der Kreml rechnet wahrscheinlich mit einem möglichen Konflikt mit der NATO
innerhalb des nächsten Jahrzehnts oder so. 11
Ähnliche Warnungen sprachen der dänische 12 und der deutsche 13 Verteidigungsminister
aus. Nico Lange, Senior Fellow für die Zeitenwende-Initiative bei der „Münchner
Sicherheitskonferenz“ mit Dauerpräsenz in den öffentlich-rechtlichen Medien, und Carlo
Masala, Professor an der Universität der Bundeswehr München, ebenso gern gesehener Gast
bei ARD und ZDF, veröffentlichten schon 2023 einen gemeinsamen Beitrag bei GLOBSEC, einer Denkfabrik in Bratislava, mit dem Titel „Krieg gegen die Ukraine: Was wäre, wenn
Russland gewinnt?“ Zitat: Sirenen heulen. Handysignale schrillen tausendfach. Luftangriffe in Paris, Warschau und Berlin. Marschflugkörper und Drohnenschwärme dringen in den europäischen NATO-Luftraum ein. NATO- Soldaten liefern sich seit Tagen Feuergefechte in den baltischen Staaten. Als Reaktion auf die russischen Angriffe dort löst die NATO Artikel 5 aus. Russland reagiert mit Raketen. Einige Staaten treten aus der NATO und der EU aus, während ein harter Kern im Norden und Osten erbitterten Widerstand leistet. Deutschland und andere Länder sind hin- und hergerissen. Bei hitzigen Protesten in vielen deutschen, französischen, italienischen und spanischen Städten kommt es zu gewalttätigen Ausschreitungen, und die Polizei muss hart durchgreifen. Extremistische und populistische Parteien profitieren enorm von der Situation, nicht zuletzt, weil der Welthandel und die Wirtschaft zusammenbrechen. Im Indo-Pazifik greift China seit Wochen Taiwan an. Die Vereinten Nationen verabschieden derweil Resolutionen gegen die europäischen NATO-Mitglieder, weil viele afrikanische, lateinamerikanische und asiatische Staaten in der Generalversammlung mit Russland und China stimmen. Klingt übertrieben? Nein! Wenn Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gewinnt, ist dieses Szenario realistisch. 14
Wie nicht anders zu erwarten, schaltet auch die Generalität ihren Verstand aus und beteiligt sich an der Irreführung der Öffentlichkeit, denn ein anderes Verhalten könnte sich negativ auf die Karriere auswirken. Generalleutnant Harald Gante, Kommandeur Feldheer im Kommando Heer der Bundeswehr: Mittlerweile werden die Potentiale Russlands und seiner Streitkräfte anders bewertet. Bereits in fünf Jahren könnten die Rekonstitution und der Aufwuchs der russischen Streitkräfte abgeschlossen sein. Ein vollumfänglicher Angriff Russlands auf einen NATO-Staat könnte trotz anhaltender Bindung russischer Truppen im Ukrainekrieg damit bereits in 2029 erfolgen; die Durchsetzung einer begrenzten Ambition ab sofort und jederzeit […] Denn ein Verschließen der Augen vor der Gefahr eines ‚Kampfes heute Nacht` können sich die Soldatinnen und Soldaten des Deutschen Heeres nicht leisten. Der Preis, den sie – und somit wir alle – in diesem Fall zu zahlen haben, ist dafür zu hoch. 15
Die Klärung der Frage, warum sich deutsche Politiker, Generäle und Wissenschaftler an
dieser im Ursprung US-amerikanischen Kampagne als Verstärker beteiligen, die letztlich
gegen deutsche und europäische Interessen gerichtet ist, würde den Rahmen dieses Aufsatzes
sprengen. Nur so viel: Eine Rolle spielen sicherlich Opportunismus, eine jahrzehntelange
schleichende Beeinflussung durch US-amerikanische Soft Power 16, unter anderem mithilfe
der zahlreichen Denkfabriken wie „Atlantic Council“, „Atlantik-Brücke“, „German Marshall
Fund of the United States“ oder das „Aspen Institute“ sowie deren zahlreiche „Young
Leaders-Programme“, die vordergründig so unverfänglich daherkommen wie die jährlich
stattfindende „Global Young Leaders Conference“ 17.
Den vollständigen Text lesen Sie in der aktuellen Ausgabe 3/4 2025 unseres Magazins "Hintergrund Das Nachrichtenmagazin", das im Bahnhofsbuchhandel, im gut sortierten Zeitungschriftenhandel und in ausgewählten Lebensmittelgeschäften erhältlich ist. Sie können das Heft auch als Einzelheft oder ABO bestellen unter: Link
Autor JOCHEN SCHOLZ ist Oberstleutnant a. D. der Bundesluftwaffe und war unter anderem 12
Jahre in politischen NATO-Gremien, 6 Jahre in NATO-Stäben als Einsatzstabsoffizier und 6
Jahre im BMVg als Referent eingesetzt. Seit dem völkerrechtswidrigen Jugoslawienkrieg
1999 beschäftigt er sich intensiv mit den Strategien der US-Geopolitik.
1 Link
2 Link
3 Vgl. Link
4 Link
in-a-century/
5 Link
6 Link
russia-win/
7 Klaus von Dohnanyi, Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und
europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche, München 2022
8 Link
hehre_kunst_der_provokation.htm
9 Link ausführlicher dazu
mein Beitrag in: Hannes Hofbauer/Stefan Kraft (Hg.), Kriegsfolgen. Wie der Kampf um die
Ukraine die Welt verändert, Wien 2023; Link buecher/kriegsfolgen/
10 Link
11 Link
west-says-estonia-2024-02-13/
12 Link
attack-nato-3-5-years-media-2024-02-09/
13 Link
14 Link
15 Link
16 Link
soft_power-data.pdf
17 Link
25.2.2025: »Die Friedenstauben sind entsorgt«
Militarisierung: Was unter einer »schwarz-roten« Koalition droht. Ein Gespräch mit Tobias Pflüger / Gitta Düperthal
IMI-Standpunkt 2025/014 - in: junge Welt, 25.02.2025 unter: Link
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