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Altersdiskriminierung im Kulturbetrieb

25.03.2013 - von S.K.

Leider muss ich immer wieder die Erfahrung machen, dass man schon mit Anfang 50,(in vielen Fällen bereits mit Mitte 40, nicht zu einem Bewerbungsgespräch bzw. Auswahlverfahren eingeladen wird! Besonders bizarre Blüten treibt die Altersdiskriminierung im Bereich der Kulturszene, vor allem an den Opernhäusern und in den Berufsorchestern: für SängerInnen, auch für ChorsängerInnen und OrchestermusikerInnen gilt für Neueinstellungen nach wie vor eine (in)offzielle Altersgrenze von 35 Jahren!

Gerade erst vor wenigen Tagen erhielt ich kurz hintereinander drei Absagen von Opernhäusern, bei denen ich mich beworben hatte! Und in allen drei Fällen wurde ich (statt mit einer plausiblen Begründung) mit einer kurzen und knappen, lapidaren Antwort abgespeist - und das quasi postwendend, noch bevor die Bewerbungsfrist abgelaufen war! Geburtsdatum gesagt -und schon ist es gelaufen
In einer Arbeitslosenmaßnahme für Menschen ab 50 Jahre, die ich vorübergehend als Trainerin betreute, wurde mir von sämtlichen TeilnehmerInnen das bestätigt, was ich selbst schon immer erfahren musste: sobald man sein Geburtsdatum angibt, ist es sofort gelaufen!

Bertelsmann diskriminiert zweifach
Den Vogel schoss unlängst die Bertelsmann-Gruppe mit ihrem alljährlich veranstalteten Gesangswettbewerbe „Neue Stimmen“ ab! Hier ist zusätzlich zur Altersdiskriminierung auch noch eine Gender-Diskriminierung zu beanstanden, denn: für Sänger gilt ein Höchstalter von 32 Jahren, Sängerinnen werden dagegen nur bis 30 Jahre zum Wettbewerb zugelassen! Kurios ist dies vor allem angesichts der Tatsache, dass dieselbe Bertelsmann-Gruppe jüngst die „Rente mit 69“ propagierte und diese unrühmliche Statistik veröffentlichte, in der auch noch falsche Zahlen veröffentlicht wurden! – Näheres finden Sie unter dem Link: http://www.neue-stimmen.de/wettbewerb/bewerbung-2013/reglement/

Rente mit 67? Wie soll das gehen?
Altersdiskriminierung ist demütigend, menschenverachtend und steht in absolutem Widerspruch zum demographischen Wandel sowie zur Anhebung des Rentenalters! Wie soll die Rente mit 67 überhaupt umgesetzt werden, wenn man schon mit Anfang 50 nicht mehr eingeladen wird - oder sich mit branchenfremden (noch dazu meist unterbezahlten) Jobs herumquälen muss, die überhaupt nichts mehr mit der eigenen Qualifikation und/oder der eigenen Persönlichkeit zu tun haben! Nachdem ich selbst – wie viele meiner Berufskolleg-/innen - durch Altersdiskriminierung und Wirtschaftskrise in den letzten Jahren immer mehr aus meinem erlernten Beruf gedrängt wurde (für den ich schließlich ein langes und teures Studium und viele persönliche Opfer auf mich genommen habe), versuche ich derzeit, mich mit diesem menschenverachtenden System sowie mit dem (quasi durch „Berufsverbot“!) verursachten Vorruhestand zu arrangieren! Daher habe ich auch momentan (wenn auch unfreiwillig) die Zeit, mich politisch mehr zu engagieren und die Öffentlichkeit aufzurütteln für das Thema Altersdiskriminierung, das in der Tat kaum jemanden zu interessieren scheint!

Wo bleibt die Gegenwehr?
Ich wundere mich - ehrlich gesagt - immer mehr darüber, dass sich nicht schon längst mehr ältere ArbeitnehmerInnen gewehrt haben und dass dieses menschenverachtende System in Zeiten des demographischen Wandels immer noch so funktionieren kann! Für die Altersdiskriminierung mit ihren negativen Folgen (Langzeitarbeitslosigkeit, seelische Probleme bis hin zum Burn-out - verursacht durch fehlende Wertschätzung sowie durch branchenfremde und schlecht bezahlte Tätigkeiten), und für die darauf folgende niedrige Rente im Alter sind aber NICHT WIR, die älteren ArbeitnehmerInnen verantwortlich! Unsere PolitikerInnen sollen doch endlich mal ihre Hausaufgaben machen und aufhören, die Probleme auf dem Rücken der Schwächeren auszutragen! Erst wird man (durch Altersdiskriminierung und Kaputtsparen qualifizierter Arbeitsplätze) um seine Karriere betrogen, und am Ende auch noch um seinen Lebensabend!

Wann wehren wir uns endlich? Es ist höchste Zeit, gemeinsam aufzustehen und unserem Unmut endlich mal Luft zu machen! Ein Sternmarsch vor das europäische Parlament wäre vielleicht eine Möglichkeit. - Im Falle einer geplanten Protestaktion bitte ich um sofortige Mitteilung! Ich werde dabei sein!

Link: Altersdiskriminierung von Künstlern bei Wettbewerben
Quelle: Mail an die Redaktion

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