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20.02.2025 - von Hanne Schweitzer
Im Jahr 1965 begann Max Schautzer beim WDR zu arbeiten, als Sprecher, Autor und Moderator. 10 Jahre später war er zu einer wichtigen Säule der ARD-Unterhaltung geworden. Als freier Mitarbeiter moderierte er den „Grand-Prix Eurovision“, den Quotenhit „Allein gegen alle“, und die von ihm konzipierte Show „Pleiten, Pech & Pannen“. Sie lief von 1985 bis 2003.
2004 erhielt er auf seinem Handy einen Anruf vom Unterhaltungschef des Südwestrundfunks. Schautzer könne die sonntägliche Familienunterhaltungsshow "Immer wieder Sonntags" nicht mehr machen. "Wir wollen die Sendung verjüngen, Sie sind zu alt. Wie wollen das Programm verjüngen, wir wollen jüngere Zuschauer ansprechen. Ja, es geht weiter - aber ohne Sie."
Schautzer war 64 als er wegen seines Alters gefeuert wurde. Völlig überraschend, ohne jede Vorwarnung. Neun Jahre hatte er die Sendung moderiert, zwei Millionen Zuschauer erreicht. Existenzgrundlage am Telefon unter den Füssen weggezogen.
Er verkroch sich nicht ins stille Kämmerlein. In der Sendung „Kerner“ berichtet er ruhig und gefasst über die Art und Weise, mit der ein hochdotierter, pensions- und betriebsrentenberechtigter ARD-Angestellter ihn, den freien Mitarbeiter, wegen des Lebensalters diskriminiert hatte. Er wollte juristische Schritte gegen seine diskriminierende Behandlung prüfen lasse.
Im Jahr 2004 war Altersdiskriminierung für Juristen kein Thema. Zwar hatte die Europäische Union alle Mitgliedstaaten per Richtlinie dazu verpflichtet, Regelungen gegen Altersdiskriminierung im Berufsleben zu schaffen, aber in Deutschland focht das niemanden an. Zu groß war der Widerstand der Arbeitgeber und der ihnen nahestehenden Parteien, zu desinteressiert und wenig am Usus in anderen Ländern interessiert waren die Gewerkschaften und die SPD. Bei den Grünen lag der Fokus auf der Verhinderung von Diskriminierungen wegen der Ethnie und des Geschlechts, mit dem Lebensalter hatten sie es nicht so. Ein Antidiskriminierungsgesetz oder eine Antidiskriminierungsstelle des Bundes gab es auch nicht, aber den Verein Büro gegen Altersdiskriminierung schon seit 1999.
Schautzer meldete sich beim Büro gegen Altersdiskriminierung. Das war damals die einzige, unsubventionierte Anlaufstelle für Leute, die wegen ihres Alters diskriminiert wurden. Er berichtete, was passiert war, und interessierte sich für die Ursachen der in Deutschland nicht vorhandenen Gesetzgebung. In längeren persönlichen Gesprächen zeigte er sich interessiert daran, mehr über die Lebenssituation der älteren Menschen in Deutschland zu erfahren.
Sein Verhalten unterschied sich von dem anderer "Promis". Denen ging es einzig und allein um ihre persönliche Diskriminierungssituation, wenn sie sich im Büro meldeten. Schautzer war anders. Vielfältig interessiert, unorthodox denkend. Ihm war klar: wurde er als jahrzehntelanger, privilegierter Mitarbeiter verschiedener ARD-Sender so schlecht behandelt, würden ältere Menschen mit einem "normalen" Leben noch rücksichts- und respektloser wegen ihres Alters diskriminiert werden.
Es dauerte nicht lange und er beschloss, seine erzwungene Arbeitslosigkeit zu nutzen, um gemeinsam mit Peter Jamin eine kritische Bestandsaufnahme über den Jugendwahn und die ungebremste Altersdiskriminierung in der bundesdeutschen Gesellschaft zu schreiben.
"Rock`n`Roll im Kopf, Walzer in den Beinen" erschien 2004 im MVG Verlag.
Max Schautzer starb am 29.1.2025 im Alter von 84 Jahren.
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