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Armutsbeauftragter statt Amtsankläger-Public Relations kein Politikersatz

01.01.2010

Ulrike Mascher (VdK) fordert die Ernennung eines „Armutsbeauftragten“. 1 Davon halten deutsche Armutsexperten wenig bis gar nichts. DPWV Chefökonom Dr. Rudolf Martens kommentiert: Endgültig „erledigt“ wäre das Thema Armut, wenn es die Politik bei einem „Armutsbeauftragten“ abladen könnte. Armut bekäme eine administrative Adresse, an der das Thema „entsorgt“ werden könne.

Der Armutsforscher wird noch deutlicher. Er schreibt, das Thema Armut werde „als Deckung benutzt, hinter der man sich verstecken kann, und es fällt weniger auf, wenn man die Interessen derjenigen, für die man angeblich einsteht, nicht vertritt und dafür Armut plakatiert“. Dr. Rudolf Martens fordert statt solcher „Public Relations“ eine konsequente Darstellung und Erörterung der Armut als „Folge der gegenwärtigen Form des Wirtschaftens bzw. des Wirtschaftsmodells Deutschland.“ 2

Auch DPWV Hauptgeschäftsführer Dr. Ulrich Schneider wendet sich angesichts der anhaltenden Wirtschafts- und Finanzkrise scharf gegen „Symbolpolitik“ in der Armutsfrage und dagegen „Werbeagenturen“ statt Taten sprechen zu lassen. 3
Zu solchen Taten ist mittlerweile der Bund der Steuerzahler in Bayern geschritten: Er hat Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue, des Betrugs und des Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz gegen die Vorstandsmitglieder der Bayerischen Landesbank (BayernLB) erstattet. Schon zuvor hat er die Einführung eines Straftatbestandes der „Amtsuntreue“ bei Politikern und Beamten und für deren konsequente Strafverfolgung die Berufung eines „Amtsanklägers“ vorgeschlagen. Dieser Amtsankläger soll Straf-, Regress und Disziplinarverfahren gegen Politiker und Beamte einleiten. 4 Auch Marcus Lutter , Sprecher des Zentrums für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Bonn forderte jüngst „Banker vor Gericht: wer gezockt hat muss zahlen – und ein Finanzminister, der jetzt nicht Schadenersatz fordert, ist eines Tages selber dran.“ 5 Süddeutsche Zeitung Leitartikler Heribert Prantl nennt das „Kapitalverbrechen“, was zur Finanzkrise in Deutschland und der Welt geführt hat. 6 Und selbst die CSU entzieht sich diesen Überlegungen nicht mehr und fordert „LandesbankChefs in Haft“. 7 Diese armen Tröpfe kann dann ja ein „Armutsbeauftragter“ besuchen.

1 Süddeutsche Zeitung, 14./15.08.2009
2 Martens, Rudolf: Der Armutsbericht ist tot – es lebe die Armutsrechnung, Manuskript, Berlin Dezember 2009
3 Der Paritätische Gesamtverband: Pressemitteilung vom 01.01.2010
4 Der Steuerzahler, München, 10/2007, 2/2009 und 4/2009
5 Süddeutsche Zeitung, 28.12.2009
6 Süddeutsche Zeitung, 05.12.2009
7 Oberbayerisches Volksblatt, 04.01.2010

Quelle: STUDIENGRUPPE FÜR SOZIALFORSCHUNG E.V.