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Gebiss-Klage von Paderborn + Aufstand der Rentner

25.04.2009 - von Hanne Schweitzer

Wann rufen Sie endlich zum Aufstand der Rentner auf? wurde ich gefragt als die Wellen der Empörung über die Ablehnung der Gebiss-Klage von Paderborn hohe Wellen schlug. siehe Link

Doch schon die Tatsache, dass sich der betreffende Rentner wegen seiner dritten Zähne an die Öffentlichkeit wandte, dass er den Mut hatte, das zu tun, dass er sich nicht geschämt hat, dass seine Empörung über diese Altersdiskriminierung größer war, als der Gedanke, was wohl die Nachbarn sagen werden, ist schon ein kleiner Aufstand.

Viel zu oft hat das Büro gegen Altersdiskriminierung seit der Gründung im Jahr 1999 erlebt, dass sich Menschen über Altersdiskriminierung beschwert haben, aber gleichzeitg dringend darauf bestanden, bloß nicht ihren Namen zu nennen, bloß nicht öffentlich in Erscheinung zu treten.

Vielleicht verändert sich das jetzt. Vielleicht verändert es sich noch rechtzeitig, bevor die in diesem Jahr zahlreich anstehenden Wahlen beginnen.

  • Denn ein Aufstand der Rentner, müßte sich gegen diejenigen richten, die als gewählte und gut bezahlte Vertreter des sogenannten Volkes den Abbau der sozialen Sicherheitssysteme in den letzten Jahrzehnten beschlossen und durchgeführt haben.

  • Ein Aufstand der Rentner müßte sich gegen diejenigen richten, die - unterstützt von willfährigen Journalisten - in den letzten Jahren unentwegt behauptet haben, es sei die steigende Zahl der
    RentnerInnen und ihre steigende Lebenserwartung, wodurch eine Kürzung der Leistungen in allen sozialen Sicherungssystemen zwingend erforderlich sei und Nullrunden bei den Renten sowieso. siehe Link

  • Ein Aufstand der Rentner kann nur gemeinsam mit den Rentnerinnen passieren, denn Frauen sind noch sehr viel häufiger von Altersdiskriminierung betroffen als Männer.

  • Ein Aufstand der RentnerInnen müsste von den Noch-Nicht-RentnerInnen unterstützt werden. Jede Leistungskürzung oder Beitragserhöhung wird sie im Alter mit voller Wucht treffen.

  • Ein Aufstand der RentnerInnen müßte sich dagegen richten, dass ältere Menschen bei Nierentransplantionen deutlich in der Minderheit sind. Dass eine Mammographie zur Früherkennung von Brustkrebs nur die gesetzlich versicherten Frauen machen können, die zwischen fünfzig und neunundsechzig Jahre alt sind. Wer jünger oder älter ist, hat Pech gehabt, oder muss selbst zahlen. Dazu muss man wissen: Brustkrebserkrankungen nehmen bei Frauen über 69, also jenseits der willkürlich festgelegten Altersgrenze, deutlich zu.


  • Ein Aufstand der RentnerInnen müßte sich dagegen wenden, dass die statistische Chance alt zu werden, ungleich verteilt ist. Besserverdiener leben länger als Menschen mit niedrigem Einkommen. Warum? Weil "immer mehr Angebote der Gesundheitsversorgung zu Konsumartikeln geworden sind, die sich längst nicht mehr jeder leisten kann." Und so kommt es, dass "Menschen aus dem unteren Viertel der Einkommensverteilung hierzulande vier bis sechs Jahre eher sterben, als die aus dem oberen Viertel" der Besserverdiener.

  • Ein Aufstand der RentnerInnen müßte sich dagegen wenden, dass es immer schwieriger wird, das "richtige" Alter zu haben. Arbeitsplatz, Versicherung, Kredit, Wohnung, das gesellschaftliche Ansehen, die Gesundheitsversorgung, die Pflege, das Verhalten von Banken: Welche Chancen, welche Möglichkeiten wir in dieser Gesellschaft haben, hängt immer mehr davon ab, welches Alter andere Leute als das Richtige, als das erwünschte Alter definieren.


  • Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) hat an der ungerechten Behandlung von RentnerInnen nichts geändert. Das Gesetz schützt NICHT vor Altersdiskriminierung durch die sozialen Sicherungssysteme. Das AGG schützt NICHT vor Altersdiskriminierung durch Banken, Versicherungen, Ärzte oder Krankenkassen. Das AGG schützt NICHT vor dem alten- und altersfeindlichen Klima in diesem Land. Das AGG hat die Seniorenpolitik hierzulande keinen Deut verbessert.

    Genug Gründe also für einen Aufstand der RentnerInnen. Wann geht`s los?

    Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2822
    Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung